Apophthegmata

Sprüche d. Wüstenväter

Die Wüstenväter

Schon immer war die Wüste ein besonderer Ort der Gottesbegegnung. Als das Christentum sich weithin ausgebreitet hatte und mit Kaiser Konstantin die Verfolgungen ein Ende hatten, gab es Menschen, die in einem Leben in der Wüste eine Form sahen, die Ursprünglichkeit des christlichen Glaubens zu bewahren, der im nun geordneten christlichen Leben der Städte zu verflachen drohte.
Andererseits sah man, nachdem der "ganze Erdkreis" christlich geworden war, die Wüste als das letzte Rückzugsgebiet der Dämonen an. Wer in die Wüste ging, ließ sich hier auf einen Kampf der besonderen Art ein. Er wurde mit seiner eigenen Schwachheit konfrontiert und musste lernen, den Versuchungen zu widerstehen. Antonius sagte einmal:

Wer in der Wüste sitzt und die Herzensruhe pflegt, wird drei Kämpfen entrissen: Dem Hören, dem Reden, dem Sehen. Er hat nur noch einen Kampf zu führen: den gegen die Unreinheit.

Nur wenigen wurde es zuteil, den Ehrentitel eines Wüstenvaters zu tragen. Zu diesen Vätern strömten Mönche und andere Menschen, um von ihnen ein Wort der Weisung für ihr Leben zu erhalten.
Man hat ihre Worte bewahrt und von Generation zu Generation überliefert. Man nennt diese Aussprüche Apophthegmata Patrum. Sie beginnen meist mit einer Frage an den Altvater, woraufhin dessen Antwort folgt. Auch wenn wir nicht den asketischen Alltag eines Wüstenmönches leben, so können uns dennoch die Worte der Wüstenväter auch heute noch eine Weisung für unser Leben sein.

Abbas Antonius

Antonius ist die erste große Gestalt unter den Wüstenmönchen und übertrifft sie alle. Obwohl er in völliger Abgeschiedenheit leben wollte, scharten sich bald Schüler um ihn. Selbst Kaiser Konstantin suchte bei ihm Rat, über sein Leben berichtet uns der heilige Athanasius, der den Wüstenvater noch persönlich gekannt hat. Es heißt, dass Athanasius dem Antonius seinen Mantel geschenkt hat, den dieser stets in Ehren hielt. Nach dem Tod des Antonius erhielt Athanasius eines der beiden Schafsfelle, mit denen der heilige Einsiedler sich bekleidete.

Hl. Antonius Hl. Antonius Apophthegmata Apophthegmata Apophthegmata

Abbas Ammon

Es war um das Jahr 330, als Ammon sich in der südlich der Großstadt Alexandria gelegenen Wüste, die Nitria genannt wird, niederließ. Dort schlossen sich ihm mehrere Schüler an. Ammon kannte damals bereits Antonius den Großen, der weiter südöstlich, auf der anderen Seite des Nils, als Einsiedler lebte. Wir wissen nicht, wie oft Ammon den 13-tägigen Fußmarsch zu Antonius zurückgelegt hat, aber er hat ihn sicher mehrere Male besucht. Es wird berichtet, wie Ammon sich auf diesem Weg einmal verirrt hat und dann durch eine wie eine Hand aussehende Wolke von Gott auf den richtigen Weg gewiesen wurde oder auch, wie er von Engeln auf wundersame Weise über den Nil getragen wurde. Auch Antonius hat Ammon besucht.

Abbas Antonius kam einmal, um Abbas Ammon auf dem Berg Nitria zu besuchen, und als sie sich trafen sagte Ammon: "Durch dein Gebet nimmt die Zahl der Brüder zu und einige von ihnen möchten mehr Zellen bauen, in denen sie in Frieden leben können. Wie weit entfernt von hier sollen wir die Zellen bauen?" Antonius antwortete: "Lass uns zur neunten Stunde essen und dann in die Wüste gehen, um die Gegend zu erkunden." So gingen sie in die Wüste hinaus und wanderten bis zum Sonnenuntergang. Dann sagte Antonius: "Lass uns beten und hier das Kreuz aufstellen, so dass jene, die das möchten, hier bauen können. Wenn diejenigen, die zurückbleiben, jene, die hier leben, besuchen wollen, dann können sie zur neunten Stunde etwas essen und dann kommen. So können alle untereinander in Kontakt bleiben, ohne dass ihre Gedanken abgelenkt werden." (Apophthegmata Patrum)

Es war also wichtig, dass die Brüder so nah in Kontakt standen, dass sie sich gegenseitig aufbauen konnten, aber doch so weit entfernt waren, dass sie einander nicht störten, das bedeutet, dass sie einander nicht sehen und hören konnten, wenn sie, wie es damals üblich war, laut beteten oder in der Heiligen Schrift lasen. Zugleich sollte der Weg aber nicht zu weit sein, damit sie sich zur gemeinsamen Feier der Eucharistie am Sonntag treffen konnten. Nur wenige der Mönche waren Priester.
In der Einsamkeit kam es auch immer wieder vor, dass einzelne Brüder Fehler begingen. Hier zeigt sich die große Barmherzigkeit der Väter. Denn ihnen lag nicht daran, dass jene, die gefallen waren, aus der Gemeinschaft ausgeschlossen wurden, sondern dass sie Barmherzigkeit erfuhren und so neue Kraft erhielten, in der nächsten Anfechtung standhaft zu bleiben. Dazu gibt es folgende Geschichte über Ammon:

Der Altvater Ammon kam einmal irgendwo hin, um zu essen. Dort befand sich einer, der einen schlechten Ruf hatte. Es begab sich, dass eine Frau daherkam und in das Kellion des Bruders mit dem üblen Ruf ging. Als die Bewohner des Ortes das erfuhren, gerieten sie in Aufregung und taten sich zusammen, um ihn aus seinem Kellion zu vertreiben. Als sie erfuhren, dass Ammon im Ort sei, gingen sie zu ihm und forderten ihn auf, mit ihnen zu kommen. Als der Bruder das merkte, nahm er die Frau und versteckte sie in einem großen Fass. Als nun die Menge eintraf, wusste der Altvater Ammon bereits, was vorgefallen war, doch um Gottes willen verdeckte er die Sache. Er trat ein, setzte sich auf das Fass und ordnete eine Durchsuchung des Kellions an. Aber, obwohl sie sorgsam suchten, fanden sie die Frau nicht. Da sagte der Altvater Ammon: "Was ist das? Gott soll euch vergeben!" Er ließ ein Gebet verrichten und schickte alle hinaus. Dann nahm er den Bruder bei der Hand und ermahnte ihn: "Gib auf dich acht, Bruder!" Nach diesen Worten ging er weg. (Apophthegmata Patrum)

Zu Lebzeiten von Ammon gehörten etwa 500 Mönche zur Gemeinschaft von Nitria und Kellia. Später ging ihre Zahl in die Tausende. Ammon starb vor seinem Freund und Gefährten Antonius, denn es wird berichtet, dass Antonius sah, wie die Seele von Ammon in den Himmel getragen wurde. Es ist überliefert, dass Ammon 62 Jahre alt geworden ist. Da er im Alter von etwa 20 Jahren im Jahr 308 geheiratet hat, können wir von seiner Geburt etwa im Jahr 288 und seinen Tod etwa im Jahr 350 (auf jeden Fall vor 356, dem Todesjahr von Antonius) ausgehen.

Abbas Moses

Apophthegmata Einen sehr ungewöhnlichen Lebenslauf hat Abbas Moses vorzuweisen. Er war Äthiopier, also Schwarzafrikaner. Als Sklave kam er nach Ägypten, mit seiner Gewalttätigkeit richtete er viel Unheil an. Schließlich gelangte er zur Freiheit und wurde Hauptmann einer Räuberbande, die ganze Landstriche terrorisierte.
Irgendwann ist er auf seinen Raubzügen in einem Kloster gelandet. Die Begegnung mit den Mönchen veränderte sein Leben. Er bekehrte sich, ließ sich taufen und lernte schließlich das harte Leben eines Wüstenmönches. Dabei soll er häufig mit heftigen Versuchungen zur Unkeuschheit zu kämpfen gehabt haben, die er schließlich bezwungen hat.
Moses wurde zu einem angesehenen Lehrer des Lebens in der Wüste in der Nachfolge des Herrn und zählt zu den Wüstenvätern. Es heißt, dass sich auch seine einstigen Räuberkumpanen bekehrt haben. Von Moses sind unter den Apophthegmata Patrum mehrere Aussprüche überliefert. Er gilt als der erste bekannte schwarzafrikanische Heilige. Er starb, als im Jahr 407 Barbaren die Sketis verwüsteten.

Abbas Agathon

Agathos, der Gute, so könnte man seinen Namen übersetzen und aus den Sprüchen, die über ihn überliefert sind, kommt diese Güte und Liebe deutlich zum Ausdruck.

Als die Brüder über die göttliche Liebe sprachen, sagte der Altvater Joseph:
Wissen wir denn, was die Liebe ist?"
Und er erzählte vom Altvater Agathon, dass er ein Schnitzmesserchen hatte. Und es kam zu ihm ein Bruder und lobte es. Da ließ er ihn nicht gehen, bis er das Schnitzmesserchen nahm.

Altvater Agathon aber sagte:

"Wenn es sich machen ließe, dass ich einen Aussätzigen fände und ihm meinen Leib geben könnte, um dafür den seinen zu erhalten, ich täte es gern. Das nämlich ist vollendete Liebe."

Abbas Agathon sollte auch eine Gelegenheit bekommen, um zu zeigen, dass dies nicht nur fromme Worte sind, sondern dass er sie durchaus auch bereit war, in die Tat umzusetzen:

Als einmal der Altvater Agathon in eine Stadt kam, um kleine Gefäße zu verkaufen, fand er neben dem Weg einen Aussätzigen. Der frage ihn, wohin er gehe. Altvater Agathon antwortete: "In die Stadt, um Gefäße zu verkaufen." Da sprach er zu ihm: "Tu mir die Liebe und bring mich dorthin." So nahm er ihn auf und trug ihn in die Stadt.
Der Aussätzige sagte: "Da, wo du deine Gefäße verkaufst, da lege mich hin." Und Agathon tat so. Nachdem er ein Gefäß verkauft hatte, fragte ihn der Leprose: "Um wieviel hast du es verkauft?" Er antwortete: "Um soundsoviel ..." Und der Leprose bat ihn: "Kaufe mir einen Kuchen!" Er kaufte ihn. Und wiederum verkaufte Agathon ein Gefäß, und der andere fragte: "Um wieviel das?" - "Um soviel ..." Und er sprach zu ihm: "Kaufe mir das ..." Und er kaufte es.
Nachdem er alle Gefäße verkauft hatte und heimkehren wollte, sagte der Kranke zu ihm: "Du gehst?" Er antwortete: "Ja." Da sprach er zu ihm: "Tu mir den Gefallen und bringe mich wieder dahin, wo du mich fandest." Agathon nahm ihn auf die Schulter und brachte ihn an seinen Ort. Der Aussätzige aber sprach: "Gesegnet bist du, Agathon, vom Herrn im Himmel und auf Erden." Als Agathon seine Augen erhob, sah er niemanden. Denn es war ein Engel des Herrn, der gekommen war, ihn zu prüfen.

Abbas Pambo

Apophthegmata Altvater Pambo lebte als Einsiedler in der Nitrischen Wüste in Ägypten und war ein Zeitgenosse von Antonius dem Großen. Er ist bekannt für seine strenge Askese. Abbas Poimen sagt über ihn:

Drei körperliche Übungen fanden wir am Altvater Pambo: tägliches Fasten bis zum Abend, Schweigen und viel Handarbeit.

Dennoch wollte er nicht, dass er deswegen auf Erden gerühmt wurde. Man sagt von ihm, dass er drei Jahre damit zubrachte, Gott zu bitten, dass er ihn nicht auf Erden verherrliche. Doch Gott verherrlichte ihn so, dass niemand ihm ins Angesicht schauen konnte wegen des Glanzes, den sein Angesicht hatte. Wie Mose das Bild der Herrlichkeit Adams erhielt, als sein Antlitz verklärt wurde (Ex 34,29), so leuchtete auch das Antlitz des Abbas Pambo wie ein Blitz, und er war wie ein König, der auf einem Thron sitzt.
Das Leben der Wüstenväter war arm. Sie lebten von der Handarbeit, vor allem vom Verkauf selbstgefertigter Körbe. Ihre Kleidung war einfach. Abbas Pambo sagte einmal:

Der Mönch muss ein solches Gewand tragen, dass niemand es nehmen will, wenn er es auf drei Tage vor seine Zelle wirft.

Viele kamen in die Wüste, um von den Vätern ein Wort zu erbitten. Oft aber lernten sie mehr von deren Tun, als durch deren Worte.

Einmal kam der Patriarch Theophilus von Alexandrien in die Nitrische Wüste. Die Brüder versammelten sich und sagten zum Altvater Pambo: "Halte an den Vater eine Ansprache, damit er einen Gewinn habe." Der Alte aber sagte zu ihnen: "Wenn er aus meinem Schweigen keinen Nutzen zieht, dann kann er es auch nicht aus meiner Rede."

Apophthegmata Das hatte er vor vielen voraus, dass er, um ein Wort der Schrift oder einen geistlichen Gegenstand befragt, nicht auf der Stelle antwortete, sondern sagte, er verstehe die Stelle nicht, und wenn er weiter gefragt wurde, gab er überhaupt keine Antwort.
Obwohl die Väter in größter Einsamkeit lebten, waren sie doch voll Liebe zu allen Menschen und zeigten das auch in der Tat, wenn sich ihnen die Gelegenheit dazu bot.

Abbas Pambo sprach: "Wenn du ein Herz hast, kannst du gerettet werden."
Und zu Abbas Theodor sagte er: "Theodor, geh und hab mit allen Erbarmen, denn das Erbarmen schafft Zuversicht vor dem Angesicht Gottes."

Athanasios, der Erzbischof von Alexandrien heiligen Angedenkens, lud den Altvater Pambo ein, aus der Wüste nach Alexandrien zu kommen. Er kam und sah dort eine Tänzerin und brach in Tränen aus. Die Anwesenden fragten ihn, warum er weine. "Zwei Dinge", sagte er, "haben mich bewegt: das erste ist ihr Verderben, das zweite, dass ich nicht so großen Eifer entfalte, Gott zu gefallen, wie sie, schlechten Menschen zu gefallen."
Als er im Sterben lag, sagte Pambo in der Todesstunde zu den heiligen Männern, die ihn umstanden:

"Seitdem ich an diesen Ort in der Wüste gekommen bin und mir das Kellion erbaut habe, erinnere ich mich nicht, weder Brot gegessen zu haben, das ich nicht durch Handarbeit erworben hatte, noch empfinde ich Reue über ein Wort, das ich gesprochen habe, bis zu dieser Stunde. Und doch gehe ich zu Gott als einer, der nicht einmal angefangen hat, Gott zu dienen."

Abbas Makarius

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Makarius war ein Schüler Antonius des Großen und lebte viele Jahre in der ägyptischen Wüste. Er hatte viele Schüler und etliche seiner Aussprüche sind uns überliefert. Er starb fast hundertjährig im Jahr 390.


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Abbas Poimen

Auch Abbas Poimen gehört zu den großen Väter der Wüste und hat Antonius noch persönlich gekannt. Über sein Leben wissen wir wenig. Nach der Verwüstung der Sketis zog er sich in einen verlassenen Tempel zurück und soll um 450 im Alter von 110 Jahren verstorben sein.

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Aussprüche weiterer Väter

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