
Heiligstes Herz Jesu - Freitag der dritten Woche nach Pfingsten
Jesus öffnet seine Brust und zeigt uns sein Herz, von dem ein leuchtender Strahlenkranz ausgeht. Solche Bilder verbinden wir mit der Herz Jesu Verehrung und können oft sehr wenig damit anfangen. Die hier dargestellte Ikone ist eine der wenigen Herz Jesu Darstellungen, die nicht dem gewohnten Schema folgt. Das Problem besteht darin, dass wir das, was uns das Herz Jesu Fest zeigt, einfach nicht adäquat abbilden lässt. In seinem Herzen will Jesus uns seine unendliche Liebe und Barmherzigkeit zeigen und Liebe und Barmherzigkeit sind eben keine materiellen, bildlich darstellbaren Begriffe.
Im Alltagsleben kennen wir das Herz als Symbol für die Liebe. Liebespaare schenken sich oft die beiden zusammen gehörenden Hälften eines geteilten Herzens, am Muttertag oder Valentinstag verziert man Blumensträuße oder andere Geschenke mit einem Herz. Wir wissen alle, was damit gemeint ist. Das Herz will sagen: Ich liebe dich. Immer bleibt aber das Symbol hinter dem zurück, für das es steht. Wenn dann noch die Liebe, die man so sehr beschwört, in Wirklichkeit gar nicht existiert, droht das Herz zum reinen Kitsch zu werden, zum Füllzeichen für eine Leerstelle.
Auch das Sprechen von Gottes Liebe kann zur Floskel werden. Gottes Liebe muss erfahrbar werden, wenn wir von ihr sprechen wollen. So fangen wir auch erst dann an, zu verstehen, was das Herz-Jesu-Fest bedeutet, wenn wir die Liebe Gottes als real existent annehmen und dazu bereit sind, seine Liebe zu empfangen und sie weiter zu schenken.
Die Herz Jesu Verehrung hat ihre Wurzeln in der Heiligen Schrift. Bereits im Alten Testament gibt es viele Stellen, in denen vom Herzen die Rede ist. In der Sprache der Bibel ist das Herz nicht irgendein Organ, sondern es steht für das menschliche Wesen, die personale Mitte eines Menschen. Das Fehlen eines liebenden Herzens beim Menschen wird als Defizit beschrieben. Durch den Propheten Ezechiel sagt Gott:
Ich will euch ein neues Herz geben und lege einen neuen Geist in euch, ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch. (Ez 36,26)
Dieses neue Herz ist ein Herz, das sich öffnet für die Liebe, das sich. Im Neuen Testament zeigt uns Jesus, dass Gott selbst ein liebendes Herz hat und in ihm wird diese Liebe des Herzens Gottes erfahrbar. Drei wichtige Stellen dazu hören wir im Evangelium des jeweiligen Lesejahres. Im Matthäusevangelium sagt Jesus:
Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch drückt nicht und meine Last ist leicht. (Mt 11,28-30)
Jesus preist die Menschen selig, die wie er sanftmütig sind und arm vor Gott (Mt 5,3.5) Das sind die Menschen, die vor Gott nicht mit ihren Leistungen prunken, die sich nicht wie gleichberechtigte Geschäftspartner vor Gott sehen und für ihre Taten Anspruch auf einen entsprechenden Lohn erheben. Am Ende des 19. Jahrhunderts war es vor allem die Kleine Therese, die eine solche Leistungshaltung gegenüber Gott kritisierte und der Welt neu die Botschaft von der Liebe Gottes brachte.
Gott ist kein kühl berechnender Richter, sondern ein Gott der Liebe. Wahre Frömmigkeit ist mehr als das kleinliche Befolgen von Geboten. Die sind vor Gott selig, die zu ihm mit leeren Händen kommen, nicht mit Händen die greifen und festhalten, sondern mit Händen, die sich öffnen und schenken und so bereit sind für Gottes schenkende Güte. Bereitsein für die Liebe Gottes ist ein größeres Wagnis, als sich an einen berechnenden Gott zu halten, denn die Liebe ist immer unberechenbar und wer sich auf sie einlässt, muss oft seine eigenen Pläne ändern, um das zu tun, was Gott von ihm will.
Gott möchte uns mit seiner Liebe beschenken und so bedeutet Frömmigkeit, sich vor Gott klein zu machen, zu erkennen, dass man selbst nichts erreichen kann, sondern dass alles Geschenk von Gott ist. Das ganze Leben soll ein Gottesdienst sein, dessen Quelle und Höhepunkt die Feier der Eucharistie ist, und dessen Früchte der Mensch mit hinaus nimmt in den Alltag und die dann das ganze Leben und Arbeiten und die Begegnung mit den Mitmenschen bestimmen.

Eine besondere Verehrung des Herzens Jesu ist neben den verschiedenen Zeugnissen der Heiligen Schrift auch grundgelegt in der Auslegung der Kirchenväter zu diesen Bibelstellen. Im Mittelalter hat vor allem der heilige Bernhard von Clairvaux durch seine Auslegung des Hoheliedes der Liebe im Alten Testaments die Herz Jesu Verehrung geprägt. Auch bei Hildegard von Bingen, die wohl als erste Mystikerin eine Erscheinung des Heiligsten Herzens Jesu hatte, bei der heiligen Mechthild und der heiligen Gertrud von Helfta finden sich Zeugnisse für die Verehrung des Herzens Jesu.
Im 16. und 17. Jahrhundert förderten vor allem die Jesuiten und Oratorianer die Herz Jesu Verehrung. Einen entscheidenden Anstoß zur weltweiten Verbreitung gaben die Visionen der Heiligen Margareta Maria Alacoque (1647-1690). Im Jahr 1675 zeigte Jesus ihr sein geöffnetes Herz wie eine Sonne, die wie ein leuchtender Kristall brennende Glut verströmt. Jesus trug ihr auf, dass es nach dem Willen Gottes ein Fest des Heiligsten Herzens Jesu in der Kirche geben solle. Jesus sagte:
Sieh hier das Herz, das die Menschen so sehr liebt, dass es nichts gespart hat, um sich zu opfern, und zu erschöpfen in Liebesbeweisen!
Ich verspreche dir, dass mein Herz diejenigen im reichsten Maße den Einfluss seiner Liebe fühlen lassen wird, die es verehren.
Im Jahr 1765 wurde das Herz Jesu Fest durch Papst Clemens XIII. offiziell kirchlich anerkannt. Papst Pius IX. führte 1856 das Herz Jesu Fest für die ganze Kirche ein und weihte 1875 die ganze Christenheit dem göttlichen Herzen. Papst Leo XIII. erhöhte 1899 den Rang des Festes und weihte zur Jahrhundertwende die Welt an das Herz Jesu. Der entscheidende Anstoß zu diesem Schritt kam von der seligen Schwester Maria vom göttlichen Herzen Jesu Gräfin Droste zu Vischering, die ihren Visionen folgend sich an Papst Leo XIII. wandte.
Am 10. Januar 1915 wurde Deutschland von den katholischen Bischöfen dem heiligsten Herzen Jesu geweiht. Heute ist es ein Hochfest unter dem Namen "Heiligstes Herz Jesu". Gefeiert wird es am Freitag der dritten Woche nach Pfingsten. Aber auch jeder erste Freitag eines Monats wird als Herz-Jesu-Freitag begangen.
Wir beten:
Jesus, sanft und demütig von Herzen, bilde unser Herz nach deinem Herzen!Heiliges Herz Jesu! Vereinige mein Herz so innig und fest mit dir, dass mich bis zum Ende meines Lebens nichts mehr von dir trennen kann. Herz Jesu, ich vertraue auf dich!

Weihegebet und Tägliche Aufopferung
Heiliges Herz Jesu! Quelle alles Guten! Dich bete ich an, auf dich hoffe ich, dich liebe ich. Ich bereue alle meine Sünden. Dir schenke ich dieses mein armes Herz. Mach es demütig, geduldig, rein und lass es deinem Willen entsprechen. Gib, o guter Jesus, dass du in mir lebst und ich in dir. Beschütze mich in Gefahren, tröste mich in Trübsal und Leiden. Gewähre mir Gesundheit des Leibes und der Seele. Segne alles, was ich tue, und gewähre mir die Gnade eines heiligen Todes. Amen.
(Weihegebet Papst Benedikt XV.)
Ich ... weihe und übergebe dem Herzen unseres Herrn Jesus Christus meine Person, mein Leben, meine Handlungen und Leiden, und will in aller Zukunft ganz seiner Liebe und Verherrlichung geweiht sein. Es ist mein fester, unwiderruflicher Entschluss, ihm ganz anzugehören, alles aus Liebe zu ihm zu vollbringen und von ganzem Herzen allem zu entsagen, was ihm missfallen könnte. So erwähle ich dich also, heiligstes Herz Jesu, zu meiner einzigen Liebe.
Liebster Jesus,
Erlöser des Menschengeschlechtes, blicke gnädig auf uns, die wir in Demut vor deinem Altar knien. Dein sind wir, dein wollen wir bleiben. Um dir noch inniger anzugehören, weiht sich heute jeder von uns deinem heiligsten Herzen.
Viele haben dich niemals erkannt, viele haben deine Gebote verachtet und dich von sich gestoßen. Gütigster Jesus, erbarme dich ihrer und ziehe alle an dein heiliges Herz.
Herr, sei du König nicht nur über die Gläubigen, die nie von dir gewichen sind, sondern auch über die verlorenen Söhne, die dich verlassen haben. Gib, daß sie bald ins Vaterhaus zurückkehren, damit sie nicht vor Elend und Hunger zugrunde gehen. Sei König auch über alle, die durch Irrtum getäuscht oder durch Spaltung von dir getrennt sind. Rufe sie zum sicheren Ort der Wahrheit und zur Einheit des Glaubens zurück, damit bald eine Herde und ein Hirt werde.
Sei König über alle, die im Dunkel des Heidentums gefangen sind oder im Islam leben. Führe sie zum Licht deines Reichs. Blicke voll Erbarmen auf die Kinder des Volkes, das zuerst das auserwählte war. Möge dein Blut als Quell der Erlösung und des Lebens auch über sie fließen.
Herr, schenke deiner Kirche Wohlfahrt, Sicherheit und Freiheit. Schenke allen Völkern Ruhe und Ordnung.
Gib, dass von einem Ende der Erde bis zum anderen der gleiche Ruf erschalle: Lob sei dem göttlichen Herzen, durch das uns das Heil gekommen ist.
Ihm sei Ruhm und Ehre in Ewigkeit. Amen.
(Weihegebet Papst Leo XIII.)
Sei gegrüßt, du wunderbares Herz Jesu! Dich loben wir, dich preisen und verherrlichen wir, dir danken wir! Dir schenken, weihen und opfern wir unser Herz! Nimm es an und besitze es ganz. Reinige, erleuchte und heilige es, damit du in ihm lebest und als König herrschest auf ewig. Amen.
(Gebet der Herz-Jesu-Missionare)

Herz Jesu-Litanei
Die Herz Jesu-Litanei ist eine Frucht der neu aufblühenden Herz Jesu Verehrung des 17. Jahrhunderts, die besonders auf die Visionen von Margareta Maria Alacoque (1647-1690) zurückzuführen ist. Ihre Anrufungen stammen größtenteils von dem Priester und Schriftsteller Jean Croiset SJ (1656-1738), der mit Margareta Maria Alacoque in Briefwechsel stand. Papst Leo XIII. approbierte die Litanei 1899 für den liturgischen Gebrauch, anlässlich der Weihe der Welt an das Herz Jesu, welche durch Maria Droste zu Vischering angeregt worden war.
War sie im alten Gotteslob noch zu finden, hat das neue Gotteslob nur noch eine moderne Form einer Herz Jesu-Litanei, die mir der Ursprünglichen wenig gemeinsam hat. Dabei wäre es sicher sehr wertvoll für die Kirche, diese Litanei weiter lebendig zu erhalten. Ihre Anrufungen sind von tiefem theologischem Gehalt und zeugen davon, dass diese Litanei nicht nur Ausdruck einer privaten Form der Frömmigkeit ist, sondern vom Glauben der ganzen Kirche geformt worden ist.
P. Alfred Delp SJ (1907-1945), der vor seiner Hinrichtung durch die Nazis im Gefängnis unter anderem eine Meditation über die Herz Jesu Litanei schreibt, formuliert das folgendermaßen:
Der Litanei spürt man an, dass sie unter der sorgenden Obhut der Kirche geworden ist, nicht so sehr aus freier lyrischer Fülle betender Herzen wie andere Litaneien. Das war hier auch sehr notwendig; denn gerade bei der Herz Jesu-Verehrung kommt es bei aller Freiheit des Herzens doch sehr auf theologische Genauigkeit an. (P. Alfred Delp SJ)
Die Litanei beginnt mit einer Anrufung Jesu und der Dreifaltigkeit. Es folgen die einzelnen Anrufungen des Herzens Jesu unter verschiedenen Formen, denen jeweils ein "erbarme dich unser" angefügt wird. Die Litanei schließt mit der Bitte: "Jesus, sanft und demütig, bilde unser Herz nach deinem Herzen" und einem Gebet.
Herr, erbarme dich unser.
Christus, erbarme dich unser.
Herr, erbarme dich unser.
Christus höre uns - Christus erhöre uns.
Gott Vater im Himmel, erbarme dich unser.
Gott Sohn, Erlöser der Welt, erbarme dich unser.
Gott Heiliger Geist, erbarme dich unser.
Heiligste Dreifaltigkeit, ein einiger Gott, erbarme dich unser.
Herz Jesu, des Sohnes des ewigen Vaters, erbarme dich unser.
Herz Jesu, im Schoß der jungfräulichen Mutter vom Heiligen Geist gebildet, ...
Herz Jesu, mit dem Worte Gottes wesenhaft vereinigt
Herz Jesu, von unendlicher Majestät
Herz Jesu, du heiliger Tempel Gottes
Herz Jesu, du Zelt des Allerhöchsten
Herz Jesu, du Haus Gottes und Pforte des Himmels
Herz Jesu, du Feuerherd der Liebe
Herz Jesu, du Wohnstatt der Gerechtigkeit und Liebe
Herz Jesu, voll Güte und Liebe
Herz Jesu, du Abgrund aller Tugenden
Herz Jesu, würdig allen Lobes
Herz Jesu, du König und Mitte aller Herzen
Herz Jesu, in dem alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis sind
Herz Jesu, in dem die ganze Fülle der Gottheit wohnt
Herz Jesu, das dem Vater wohlgefällt
Herz Jesu, aus dessen Gnade wir alle empfangen
Herz Jesu, du Sehnsucht der Schöpfung von Anbeginn
Herz Jesu, geduldig und voll Erbarmen
Herz Jesu, reich für alle, die dich anrufen
Herz Jesu, du Quell des Lebens und der Heiligkeit
Herz Jesu, du Sühne für unsere Sünden
Herz Jesu, mit Schmach gesättigt
Herz Jesu, wegen unserer Missetaten zerschlagen
Herz Jesu, bis zum Tode gehorsam
Herz Jesu, durchbohrt von der Lanze
Herz Jesu, du Quell allen Trostes
Herz Jesu, unsere Auferstehung und unser Leben
Herz Jesu, unser Friede und unsere Versöhnung
Herz Jesu, du Opferlamm für die Sünder
Herz Jesu, du Rettung aller, die auf dich hoffen
Herz Jesu, du Hoffnung aller, die in dir sterben
Herz Jesu, du Freude aller Heiligen, erbarme dich unser.
Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die Sünden der Welt, verschone uns, o Herr.
Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die Sünden der Welt, erhöre uns, o Herr.
Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die Sünden der Welt, erbarme dich unser.
Jesus, sanft und demütig, bilde unser Herz nach deinem Herzen.
Lasset uns beten. Gütiger Gott, aus dem geöffneten Herzen deines Sohnes kommt die Fülle des Erbarmens. Hilf uns, dass wir seine Liebe nicht ohne Antwort lassen. Darum bitten wir durch ihn, Christus, unsern Herrn. Amen.

Herz Jesu, du Feuerherd der Liebe, erbarme dich unser.
So heißt eine Anrufung der Herz Jesu-Litanei. Wenn es um Herz und Liebe geht, versagt die nüchterne Sprache, Sachlichkeit ist fehl am Platz, es ist die Kreativität der Hingabe gefragt. Schon allein die Beschreibung dessen, was wir mit Herz meinen, bereitet uns Schwierigkeiten. Kein Wunder, dass die Darstellungen des Herzens Jesu oft so kitschig ausfallen. Wie sollen wir beschreiben, was man nicht sehen, sondern nur erfahren kann?
Früher glaubte die Wissenschaft, dass sie den Menschen allein auf naturwissenschaftliche Weise beschreiben kann, der Mensch als eine hochentwickelte Maschine, die gewissen Gesetzen der Naturwissenschaften folgt, die man zwar noch nicht bis ins Einzelne erforscht hat, die man aber irgendwann erforschen wird. Heute sind viele Wissenschaftler bescheidener geworden. Gerade durch die Quantenphysik ist deutlich geworden, dass es Bereiche gibt, in denen die vom Menschen entdeckten Naturgesetze nicht mehr gelten und Ereignisse ablaufen, die nicht klar vorhersehbar sind.
Das schafft wieder neuen Raum dafür, auf das Wunder des Menschen zu blicken. Der Mensch ist mehr als eine geniale Maschine, der Mensch hat ein Herz. Damit ist nicht das Herz gemeint, das durch sein Schlagen den Blutkreislauf in Gang hält und so den Menschen am Leben erhält. Das Herz, das wir hier meinen, bedeutet vielmehr das, was das Menschsein ausmacht. Viele nennen es auch die Seele des Menschen. Menschen unterscheiden sich nicht nur in ihrem Aussehen voneinander, sondern auch in ihrem Verhalten. Manche Menschen mögen wir mehr, mit manchen verstehen wir uns besser. Jeder Mensch hat eine bestimmte Ausstrahlung, jeder Mensch hat einen inneren Kern, der ihn unverwechselbar macht.
Manche Menschen sind hartherzig, suchen für sich den ultimativen Gewinn, die ultimative Machtfülle herauszuholen. Andere Menschen haben ein weites Herz, sorgen sich um andere, sind großzügig und bereit zu helfen. Manche reden nur von sich selbst, andere können zuhören. Man könnte die Beispiele hier endlos fortsetzen. Woher kommt das unterschiedliche Verhalten der Menschen? Liegt es nur an verschiedenen Verknüpfungen im Gehirn, oder hat es noch tiefere Ursachen?
Wir können auch erleben, dass Menschen sich ändern. Bestimmte Ereignisse lassen einen Menschen plötzlich anders werden, sei es, dass aus einem fröhlichen Menschen mit der Zeit ein griesgrämiger wird oder dass aus einem Menschen, der bisher seine ganze Kraft für seinen eigenen Vorteil eingesetzt hat, ein Mensch wird, der sich ganz für andere hingibt. Menschen können sich verändern, zum Schlechteren aber auch zum Besseren.
Wir glauben an einen Gott, der das Gute im Menschen grundgelegt hat und der selbst das Wesen dieses Guten ist. Wir glauben an einen Gott, der Liebe ist und Barmherzigkeit und in dem die Liebe und Barmherzigkeit Mensch geworden sind. Jesus Christus hat uns Gottes Liebe gezeigt, hat uns gezeigt, wie wir die Barmherzigkeit leben können, wie wir ein erfülltes Leben haben können, indem wir ganz wir selbst sind und auch ganz für andere sind.
Wenn wir den Begriff Herz als Ausdruck für das Wesen des Menschen, seine Fähigkeit zu Liebe und Barmherzigkeit, sehen, so können wir sagen, dass es eine Verbindung gibt zwischen dem Herzen Gottes und dem Herzen des Menschen. Je mehr wir bereit sind, Liebe und Barmherzigkeit zu schenken, desto ähnlicher werden wir dem göttlichen Herzen, das in Jesus Christus ein Menschenherz geworden ist.
Herz: wir rufen hier wie in der ganzen Litanei die Liebe Gottes. Das Herz als Symbol der innersten Mitte Gottes und seiner Grundbeziehung zu uns. ...
[Das bedeutet,] dass zwischen Himmel und Erde nicht das magnum chaos steht und auch nicht die große Stille oder eine Art wohlwollender Neutralität, sondern dass da lebendige Beziehungen hinüber und herüber gehen: von dieser Wahrheit lebt das Gebet, die Andacht, die Religion. Und von ihr lebe ich ganz und gar diese letzten Wochen. So soll es bleiben. (P. Alfred Delp SJ)
Diese Worte hat P. Alfred Delp kurze Zeit vor seiner Hinrichtung durch die Nazis geschrieben. Die Gewissheit des Verbundenseins mit dem göttlichen Herzen gab ihm Kraft und Zuversicht in diesen schweren Stunden der Einsamkeit. Gott öffnet uns sein Herz, er will uns seine Liebe und seine Barmherzigkeit schenken. Wir sind nicht allein gelassen in den Weiten des Universums, nicht allein in einer friedlosen Welt. Gott ist bei uns, überall. Er will, dass wir uns stets an sein Herz erinnern, die Verbindung mit seinem Herzen suchen und aus dieser Verbindung mit dem göttlichen Herzen leben, dass das Feuer, das im göttlichen Herzen glüht, auch unser Herz entzündet. Wer so lebt, der kann auch selbst Liebe und Barmherzigkeit schenken, auch und gerade auch dort, wo es keine Liebe und Barmherzigkeit mehr gibt.

Herz Jesu, aus dessen Gnade wir alle empfangen, erbarme dich unser.
Oft treffen wir unsere Entscheidungen unter dem Aspekt, was uns momentan gewinnbringender erscheint. Wir wollen das tun, was gerade "in" ist, wir fragen bei der Berufswahl nach den Karrieremöglichkeiten und auch Freunde wählen wir manchmal danach aus, wer uns bessere Kontakte und mehr Ansehen verschaffen kann.
Doch hören wir auch auf das, was unser Herz sagt? Wagen wir es, das zu tun, was uns Freude macht, auch wenn uns andere dafür vielleicht belächeln? Wagen wir es, einen Beruf zu ergreifen, für den wir unser ganzes Herzblut geben möchten, der aber zunächst einmal nicht sehr gewinnbringend ist? Wagen wir es, eine Freundschaft mit einem Menschen zu schließen, der uns sympathisch ist, über den andere aber die Nase rümpfen würden?
Jesus hat sich für die Menschen hingegeben, ohne zu fragen, wer es "wert" ist, dass er sich für ihn opfert. In Gottes Augen sind alle Menschen wertvoll. Jesus hat sein Herzblut dafür gegeben, dass allen Menschen der Weg zum Vater im Himmel offen steht, auch wenn er wusste, dass es viele gibt, die ihn ablehnen werden.
Auch heute noch gibt Jesus sein ganzes Herzblut und seine ganze Liebe dafür, dass Menschen den Weg zum Vater finden, den Weg zum Leben, der er selber ist. Der Weg mit Jesus ist der Weg, der wirkliche Erfüllung und wahres Leben bringt. Herr, gib mir den Mut, diesen Weg zu gehen.
Jesu Herz uns zugeneigt
in den Wirren dieser Zeit
du weißt um unsre Fragen,
du kennst unser Leid.
Wo wir ziellos irren
willst Du Weg uns sein,
wo wir uns mühsam plagen
Ruhe uns verleih'n.
Kommet zu mir alle
spricht Dein weiser Mund,
hilf uns Dir zu folgen
jetzt und alle Stund'.

Herz Jesu, durchbohrt von der Lanze, erbarme dich unser.
Als sie zu Jesus kamen und sahen, dass er schon tot war, zerschlugen sie ihm die Beine nicht, sondern einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite, und sogleich floss Blut und Wasser heraus. Und der, der es gesehen hat, hat es bezeugt, und sein Zeugnis ist wahr. Und er weiß, dass er Wahres berichtet, damit auch ihr glaubt. (Joh 19,33-35)
Nur der Evangelist Johannes berichtet uns ein wichtiges Detail aus dem Geschehen der Kreuzigung Jesu. Der Tod am Kreuz war ein qualvolles Martyrium und es dauerte oft lange, bis die Gekreuzigten tot waren. Solange sie genügend Kraft in den Beinen hatten, konnten sie sich einigermaßen aufrecht halten und so den Tod hinauszögern. Darum war es üblich, den Gekreuzigten die Beine zu zertrümmern und so ihren Tod schneller herbeizuführen.
Jesus hat den Zeitpunkt seines Todes bewusst gewählt. Es heißt bei Johannes, dass Jesus, nachdem alles vollbracht war, was in der Schrift vorausgesagt war, seinen Geist aufgab (Joh 19,30). Daher war er bereits tot, als die Soldaten kamen, um den beiden anderen Gekreuzigten die Beine zu zerschlagen.
Einer der Soldaten, die Legende hat ihn später den heiligen Longinus genannt, öffnete aber mit seiner Lanze die Seite Jesu, woraufhin Blut und Wasser daraus hervorkamen. Das ist aus medizinischer Sicht durchaus vorstellbar, wichtiger aber ist die symbolische Deutung, die Johannes mit diesem Ereignis verbindet.
Der heilige Augustinus sagt dazu:
Mit Bedacht wählte der Evangelist sein Wort, er sagt weder: Er durchstach seine Seite, noch: Er verwundete sie oder etwas Ähnliches, sondern: Er öffnete sie, so dass sich dort gewissermaßen eine Tür auftat, der die Sakramente der Kirche entströmten, ohne die niemand zu jenem Leben, welches das wahre Leben ist, Zugang hat.
Das Wasser aus der Seite Jesu steht als Symbol für die Taufe, durch die der Mensch Anteil erhält an der Erlösung. Durch die Taufe wirkt Gott die Vergebung der Sünden, die Jesus Christus durch seinen Kreuzestod erwirkt hat, und der Getaufte wird eingegliedert in die Kirche, die der Leib Christi ist. Das Blut steht für die Eucharistie. In ihr feiern wir immer neu das Opfer Christi, der sich hingibt zu unserem Heil, und erhalten Anteil an Christus selbst, der in den Gestalten von Brot und Wein wahrhaft gegenwärtig ist.
Das Herz-Jesu-Fest steht so in einem engen Zusammenhang zum Kreuz Jesu Christi. Das Kreuz ist der Ernstfall der Liebe. Das offene Erlöserherz wird zur Quelle allen Heils. In diesem Sinn betete Margareta Maria Alacoque:
Heiligstes Herz Jesu, du Inbegriff der Liebe, sei du uns Schutz im Leben und Unterpfand des ewigen Heils. Sei du uns Stärke in Schwachheit und Unbeständigkeit. Sei du die Sühne für alle Sünden unseres Lebens.
Du Herz der Milde und Güte, sei unsere Zuflucht in der Stunde des Todes. Sei unsere Rechtfertigung vor Gott. Wende ab von uns die Strafe seines gerechten Zornes. Herz der Liebe, auf dich setzen wir unser ganzes Vertrauen. Von unserer Bosheit fürchten wir alles; aber von deiner Liebe hoffen wir alles.
Tilge in uns, was dir missfallen oder entgegen sein könnte. Deine Liebe präge sich so tief in unsere Herzen ein, dass wir dich niemals vergessen, dass wir niemals von dir getrennt werden können.
Herr und Heiland, bei deiner ganzen Liebe bitten wir dich: lass unsere Namen tief eingeschrieben sein in deinem heiligen Herzen. Unser Glück und unsere Ehre soll es sein, in deinem Dienst zu leben und zu sterben. Amen.
Papst Johannes Paul II. hat im Jahr 1980 in seiner Enzyklika "Dives in misericordia" geschrieben:
Die Kirche bekennt und verehrt das Erbarmen Gottes, ... indem sie sich an Christi Herz wendet. Tatsächlich erlaubt uns gerade die Hinwendung zu Christus im Geheimnis seines Herzens, bei diesem Thema der Offenbarung, der erbarmenden Liebe des Vaters, zu verweilen, das den innersten Kern der messianischen Sendung des Mensch gewordenen Gottessohnes ausmacht: ein zentraler Punkt und gleichzeitig der dem Menschen am leichtesten zugängliche.
Als der Auferstandene den Jüngern erscheint, zeigt er ihnen seine durchbohrten Hände und seine Seitenwunde. Gezeichnet von den Wunden der sich hingebenden Liebe geht Jesus in den Himmel ein. Das macht uns deutlich, dass Gott uns tatsächlich mit einem menschlichen Herzen liebt, bis zur Ganzhingabe seines Lebens. Zugleich lädt er uns ein, wie er zu werden und ruft uns, an seiner Sendung teilzunehmen: Herz Gottes auf der Erde zu sein.
Die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu bringt Herz zu Herz. Das Herz des Gekreuzigten und Auferstandenen wird zum Maßstab des menschlichen Herzens. Die Betrachtung der Geheimnisse des göttlichen Herzens soll uns diesem Herzen immer ähnlicher werden lassen, damit wir Zeugen der Liebe Gottes sind und seine Liebe der Welt erfahrbar machen. Unzählige Menschen und ganze Länder haben sich dem Heiligsten Herzen Jesu geweiht, mit der Bitte um Gottes Schutz und Hilfe. Schenken auch wir uns ganz dem Herzen Jesu, damit wir Zeugen seiner Liebe sind in dieser Welt!

Herz Jesu, du Rettung aller, die auf dich hoffen, erbarme dich unser.
Wenn einer von euch hundert Schafe hat und eins davon verliert, lässt er dann nicht die neunundneunzig in der Steppe zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet? Und wenn er es gefunden hat, nimmt er es voll Freude auf die Schultern, und wenn er nach Hause kommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: Freut euch mit mir; ich habe mein Schaf wieder gefunden, das verloren war. Ich sage euch: Ebenso wird auch im Himmel mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die es nicht nötig haben umzukehren. (Lk 15,4-7)
Im Lesejahr C hören wir am Herz-Jesu-Fest im Evangelium das Gleichnis vom verlorenen Schaf. Jesus offenbart uns darin die Tiefe der Liebe des göttlichen Herzens. Bevor Jesus das Gleichnis erzählt, berichtet Lukas davon, dass alle Zöllner und Sünder zu Jesus kommen. Darüber empören sich die Pharisäer und Schriftgelehrten. Mit solchen Menschen darf ein Frommer keinen Umgang haben.
Die Welt ist klar geordnet. Auf der einen Seite die Guten, auf der anderen die Bösen. Jeder entscheidet selbst, wo er hingehören will. Wer sich für die böse Seite entscheidet, der ist verloren und abgeschrieben. Er ist selbst schuld an seinem Schicksal. Hätte er mal früher bedacht, was er tut. Soll er doch sehen, wohin er mit seiner Einstellung kommt.
Sind die Hirten wirklich so, wie Jesus sie beschreibt? Kann sich ein Hirte wirklich erlauben, dem einen verlorenen Schaft nachzugehen, und die anderen allein zurück zu lassen? Selbst wenn er es sucht, wird er es dann nicht viel mehr voller Zorn mit vielen Schlägen zur Herde zurück treiben, anstatt es auf den Schultern zu tragen?
Nur wer die Liebe kennt, kann sich vorstellen, was der Verlust eines geliebten Menschen bedeutet. Nur wer liebt, wird seine ganze Mühe daran setzen, den geliebten Menschen rastlos zu suchen. Und wenn er ihn gefunden hat, wird er alle Sorge um den Vermissten vergessen, aus lauter Freude über das Wiedersehen. Er denkt gar nicht daran, dem anderen Vorwürfe zu machen, sondern allein die Freude erfüllt nun sein Herz.
Diese Freude ist das zentrale Geheimnis des Gleichnisses. Nur wer diese Freude der Liebe kennt, weiß etwas vom Herzen Gottes. Gott geht dem Verlorenen nach und seine Arme sind weit ausgestreckt, um jeden zu umfassen, der sich ihm zuwendet. Wer Gottes Liebe kennt, wird keinen Menschen mehr verurteilen und über niemand mehr richten. Er wird erkennen, wie sehr er selbst ständig der göttlichen Liebe und Barmherzigkeit bedarf.
Wir alle sind wie verirrte Schafe. Nie werden wir vollkommen den Willen Gottes erfüllen. Immer werden wir unseren eigenen Weg gehen und brauchen den guten Hirten, der uns voller Liebe sucht und an sein Herz zurückholt. Gott wird nicht müde, sich an uns zu freuen, wenn er uns an sein Herz drücken kann.
Beten wir mit der Hl. Gertud von Helfta darum, dass unser Herz dem Herzen Gottes immer ähnlicher werde:
Ich grüße dich, Heiligstes Herz Jesu, du lebendige und lebendig machende Quelle des ewigen Lebens, du unendlicher Schatz der Gottheit und flammender Glutofen der göttlichen Liebe! Du bist mein Ruheplatz und mein Zufluchtsort. O mein göttlicher Erlöser, entflamme mein Herz mit der heißen Liebe, von der dein Herz ganz verzehrt wird! Gieße aus in mein Herz die großen Gnaden, deren Quelle du bist, und mach, dass mein Herz sich so mit dem deinen vereine, dass dein Wille der meine sei, und dass mein Wille auf ewig dem deinigen gleichförmig sei; denn ich wünsche fortan deinen heiligen Willen zur Richtschnur aller meiner Handlungen zu haben. Amen.

Herz Jesu, du Freude aller Heiligen, erbarme dich unser.
So lautet die letzte Anrufung der Herz Jesu-Litanei. Sie stellt den Bezug her zu unserem alltäglichen Leben. Die Freude ist es, die bleibt. Wenn wir im Gebet sind, ob in Gemeinschaft oder allein, nehmen wir diese Freude aus dem Raum des Gebets mit in unser Leben, unseren Alltag, zu den Menschen, denen wir begegnen.
Von Herz zu Herz gehen Empfindungen, Sehnsüchte, Gedanken. Wer mit dem göttlichen Herzen des Sohnes verbunden ist, wird gestärkt vom Strom seiner Liebe. Wer am Herzen des Sohnes ruht, lernt von ihm. Wo sich göttliches und menschliches Herz verbinden, wird der Mensch Jesus Christus immer ähnlicher.
Als Suchende sind wir in der Welt, als Fragende. Wir suchen nach Erfüllung, fragen nach dem, was unserem Leben Sinn gibt. So viele irren ziellos umher, töten die Sehnsucht ihrer Herzen ab. Heiligstes Herz Jesu, wir empfehlen dir alle Menschen, sende ihnen einen Strahl deiner Liebe, der sie stärkt, ein Licht ist, das ihnen den Weg weist.
Heiligstes Herz Jesu, die Heiligen haben deine Nähe in besonderer Weise erfahren. Du warst ihre Freude und ihre Zuversicht. Wir alle sind zur Heiligkeit berufen. Ziehe unsere Herzen an dich, dass sie teilhaben an deiner Liebe und Barmherzigkeit und an der unvergänglichen Freude, die du schenkst. Herr Jesus, lass uns leben aus der Kraft deines Herzens.
Gib mir, unendlicher Gott, dass ich mich immer an Jesus Christus, meinen Herrn, halte. Sein Herz offenbare mir, wie du zu mir bist. Auf sein Herz will ich blicken, wenn ich zu wissen begehre, wer du bist.
Wenn das Auge meines Geistes nur auf deine Unendlichkeit blickt, in der du alles in jedem bist, erblindet es, und es umfängt mich die Finsternis deiner Grenzenlosigkeit, die härter ist als alle meine irdischen Nächte.
So will ich, Gott unseres Herrn Jesus Christus, auf sein Menschenherz hinschauen, dann erst weiß ich, dass du mich liebst.
Und dann habe ich noch eine Bitte: Mach mein Herz gleich dem Herzen deines Sohnes, so weit und so reich an Liebe, damit meine Brüder - damit wenigstens einmal in meinem Leben einer durch dieses Tor eintreten kann, um zu begreifen, dass du ihn liebst.
Gott unseres Herrn Jesus Christus, lass mich dich in seinem Herzen finden.
(Karl Rahner)