Texte über Maria

Marienleben

Unsere Liebe Frau in Jerusalem

Marienleben

Die Heilige Schrift ist sehr zurückhaltend in Berichten über die Kindheit Jesu und über Ereignisse aus dem Leben Mariens. Es wird nur das erwähnt, was für den Ablauf der Heilsgeschichte notwendig erscheint. Aber viele Menschen waren bald daran interessiert, mehr darüber zu erfahren, was Jesus in seiner Kindheit erlebt hat und was das Leben Mariens ausgezeichnet hat. Es sind Schriften entstanden, die uns ausführlicher über diese Thematik berichten, als die Evangelien. Jedoch wurde keine dieser Schriften in den Kanon des Neuen Testaments aufgenommen, sie gehören also nicht zum verbindlichen Glaubensgut der Kirche. Es sind erbauliche Schriften, wie es sie im Laufe der Kirchengeschichte immer wieder gab, sie können manchen Menschen helfen, den Glauben tiefer zu erfahren, aber es ist nicht für alle Gläubigen notwendig, dass sie diesen Schriften glauben.
Sehr ausführlich berichtet uns das Protoevangelium des Jakobus über das Leben Mariens. Das Marienbild, das uns hier überliefert wird, zeigt die Frömmigkeit ihrer Familie, in die sie hineingeboren wurde, und die sie sich selbst zu Eigen gemacht hat. Wenn Maria so Großes zuteilwurde, dass sie von Gott zur Mutter seines Sohnes, zur Muttergottes wie wir sie auch nennen dürfen, erwählt wurde, so muss ihr Leben auch dieser Erwählung entsprochen haben.
Es gibt zu allen Zeiten unterschiedliche Formen der Frömmigkeit. Oft wird Süßlichkeit und Weltfremdheit mit Frömmigkeit verwechselt. Doch Frömmigkeit zeichnet sich auch dadurch aus, dass sie im Alltag Bestand hat, dass sie sich behauptet trotz aller Infragestellungen durch ein kritisches Umfeld. Sie ist tief verwurzelt im Herzen des Menschen und prägt sein ganzes Tun.
In der Nachkonzilszeit war man bestrebt, das süßliche Marienbild, das vielen nichts mehr sagte, zu ersetzen durch ein Bild von Maria, die eine von uns ist. Maria, das Mädchen aus Nazaret, dem ganz unverhofft die Erwählung Gottes zu Teil wird, die ganz unscheinbar und nicht außergewöhnlich gelebt hat.
Ich denke, die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Wir merken ja auch heute in unserer Umgebung, dass sich wahrhaft fromme Menschen auf den ersten Blick zunächst nicht von anderen Menschen unterscheiden. Sie gehen ihrer Arbeit nach, leben im Kreis ihrer Familie und Freunde, leben mitten unter anderen Menschen. Und doch kann man das Besondere erkennen, wenn man näher hinsieht. Dass da etwas ist, das das Leben bereichert, ein Tiefgang, den man bei manch anderen nicht findet, eine Weisheit, ein Streben nach etwas Höherem.
Die Familie Mariens und Maria selbst hat sicher auch diese besondere Art der Frömmigkeit ausgezeichnet. Man konnte das vielleicht nicht auf den ersten Blick sehen, Maria war nicht anders, als viele Mädchen ihrer Zeit, und doch hatte sie etwas Besonderes, eine Berufung, um die sie schon als Kind gewusst haben mag. Als dann der Augenblick kam, dass der Engel zu ihr sprach, war sie innerlich bereit, ihm ihr Jawort zu geben.
Maria war von einer Reinheit und Schönheit in ihrem Inneren, die sie von vielen anderen Frauen ihrer Zeit abhob. Und doch blieb sie mit beiden Füßen auf dem Boden. Ihr selbst war das Geheimnis um sie ein Rätsel, wie es geschehen konnte, dass sie schwanger war, ohne mit einem Mann zusammen gewesen zu sein.
Gott hat Maria erwählt und er wusste, warum er sie erwählt hat. Das ist die Gnade, die über ihrem Leben steht. Es gibt viele Möglichkeiten, wie sich diese Gnade nach außen hin gezeigt haben kann. Im Protoevangelium des Jakobus finden wir eine Deutung ihres Lebens. Wie viele Kindheitsgeschichten früherer Zeiten soll es keine Chronik des Lebens Mariens sein. Es zeigt die Erwählung Mariens auf Grund typischer Schemata, die in den Kindheitsgeschichten auserwählter Menschen immer wieder auftreten. Wie es wirklich war, darüber legt sich der Schleier der Geschichte. Wir dürfen uns aber von solchen Texten inspirieren lassen und sind dann frei, uns unser eigenes Bild zu machen, wenn wir uns an die Tatsachen halten, welche die Kirche uns zu glauben vorlegt.

Marienleben nach dem Protoevangelium des Jakobus

1.
1. In den "Geschichten der zwölf Stämme" war Joachim sehr reich, und er brachte seine Opfergaben dem Herrn doppelt dar, indem er sich sagte: "Was ich zu viel darbringe, soll für das ganze Volk sein, und was ich zur Vergebung Gott dem Herrn darbringe, für meine Versöhnung."
2. Nun war der große Tag des Herrn herangenaht, und die Söhne Israels brachten ihre Gaben dar. Und es trat vor ihn Rubel und sagte: "Es ist nicht erlaubt, dass du als erster deine Gaben bringst, denn du hast in Israel keine Nachkommenschaft geschaffen."
3. Da wurde Joachim sehr traurig, und er ging weg zu dem Zwölfstämmeregister des Volkes und sagte sich: "Ich werde nachsehen im Zwölfstämmeregister Israels, ob ich der einzige bin, der in Israel keine Nachkommenschaft geschaffen hat." Er forschte nach und fand, dass alle Gerechten in Israel Nachkommenschaft erweckt hatten. Und er dachte an den Erzvater Abraham, dass ihm Gott der Herr noch an seinem letzten Tag Isaak als Sohn geschenkt hatte.
4. Und Joachim war sehr traurig, und er zeigte sich seiner Frau nicht, sondern begab sich in die Wüste. Dort schlug er sein Zelt auf und fastete vierzig Tage und vierzig Nächte, denn Joachim sagte bei sich: "Ich werde nicht hinabsteigen, weder zum Essen noch zum Trinken, bis der Herr mein Gott auf mich aufmerkt, und mein Gebet soll mir Speise und Trank sein.

2.
1. Seine Frau Anna sang klagend zwei Klagegesänge und jammerte zwei Jammerklagen, indem sie sprach: "Ich will bejammern meine Witwenschaft und ich will bejammern meine Kinderlosigkeit."
2. Es nahte sich der große Tag des Herrn. Und es sprach ihre Magd Judith zu ihr: "Wie lange beugst du deine Seele? Siehe, genaht hat sich der große Tag des Herrn, und da darfst du nicht traurig sein. Nimm lieber dieses Kopftuch, das mir die Arbeitsherrin gegeben hat, ich darf es nicht tragen, weil ich deine Magd bin und es doch königliches Gepräge hat."
3. Anna sagte: "Nimm Abstand von mir! Und solches tat ich nicht! Gott der Herr hat mich tief gebeugt. Vielleicht hat es dir ein Betrüger gegeben, und du bist gekommen, mich an deiner Sünde teilnehmen zu lassen." Die Magd Judith antwortete: "Was brauche ich dir noch Böses zu wünschen, weil du nicht auf mich gehört hast? Gott der Herr hat ja schon deinen Mutterschoß verschlossen, um dir keine Leibesfrucht in Israel zu geben."
4. Anna wurde sehr traurig. Doch sie legte ihre Trauerkleider ab, wusch sich ihr Haupt und legte ihre Brautkleider an. Um die neunte Stunde stieg sie hinab in ihren Garten zu einem Spaziergang. Da sah sie einen Lorbeerbaum und setzte sich darunter, und als sie sich ausgeruht hatte, flehte sie den Herrn an mit den Worten: "Gott meiner Väter, segne mich und erhöre meine Bitte, wie du die Mutter Sara gesegnet hast und ihr als Sohn den Isaak gabst."

3.
1. Und Anna blickte zum Himmel empor, und sie sah ein Sperlingsnest in dem Lorbeerbaum. Und sogleich sang Anna ein Klagelied und sagte bei sich: "Weh mir, wer hat mich gezeugt? Was für ein Mutterleib hat mich hervorgebracht? Denn zum Fluch bin ich geboren vor den Söhnen Israels. Und ich wurde geschmäht, man verspottete mich und vertrieb mich aus dem Tempel des Herrn meines Gottes.
2. Weh mir, wem wurde ich gleich? Nicht wurde ich gleich den Vögeln des Himmels, denn auch die Vögel des Himmels sind fruchtbar vor dir, Herr. Weh mir, wem wurde ich gleich? Nicht wurde ich gleich den vernunftlosen Wesen, denn auch die vernunftlosen Wesen sind fruchtbar vor dir, Herr. Weh mir, wem wurde ich gleich? Nicht wurde ich gleich den Tieren der Erde, denn auch die Tiere der Erde sind fruchtbar vor dir, Herr.
3. Weh mir, wem wurde ich gleich? Nicht wurde ich gleich diesen Wassern, denn auch diese Wasser sind still und sprudeln wieder, und ihre Fische preisen dich, Herr. Weh mir, wem wurde ich gleich? Nicht wurde ich gleich dieser Erde, denn auch die Erde bringt ihre Früchte zur gegebenen Zeit und preist dich, Herr."

Anna und Joachim

4.
1. Und siehe, ein Engel des Herrn trat zu ihr und sagte: "Anna, Anna, erhört hat Gott der Herr deine Bitte. Du wirst empfangen und gebären, und man wird von deiner Nachkommenschaft reden auf dem ganzen Erdkreis." Da sprach Anna: "So wahr Gott der Herr lebt: Wenn ich gebäre, einen Knaben oder ein Mädchen, so will ich das Kind als Opfergabe darbringen Gott dem Herrn. Es soll ihm Dienste verrichten alle Tage seines Lebens."
2. Und siehe, da kamen zwei Boten und sagten ihr: "Siehe, dein Mann Joachim kommt mit seinen Herden." Denn ein Engel des Herrn war zu Joachim herabgestiegen und hatte gesagt. "Joachim, Joachim, Gott der Herr hat deine Bitte erhört. Steig hinab von hier. Siehe, deine Frau Anna hat in ihrem Leib empfangen."
3. Und sogleich stieg Joachim hinab, er rief seine Hirten und trug ihnen auf: "Bringt mir zehn Lämmer ohne Fehl und Makel herbei, und die zehn Lämmer sollen Gott, dem Herrn, gehören. Und bringt mir zwölf zarte Kälber, und die zwölf Kälber sollen den Priestern und dem Ältestenrat gehören, und hundert Böcke, und die hundert Böcke sollen dem ganzen Volk gehören."
4. Und siehe, da kam Joachim mit seinen Herden. Anna stand unter der Tür und sah Joachim kommen mit seinen Herden. Und sogleich lief Anna herbei, fiel ihm um den Hals und sprach: "Jetzt weiß ich, dass Gott der Herr mich reichlich gesegnet hat, denn siehe, die Witwe ist nicht mehr Witwe, und ich, die Kinderlose, siehe, ich habe im Leibe empfangen." Und Joachim ruhte am ersten Tag in seinem Hause aus.

5.
1. Am folgenden Tag aber brachte er seine Gaben dar. Er sagte bei sich: "Wenn Gott der Herr mir gnädig ist, wird es mir das Stirnband des Priesters offenbar machen." Und Joachim brachte seine Gaben dar. Dabei achtete er auf das Stirnband des Priesters, als dieser zum Altar des Herrn hinaufstieg, und sah an ihm keine Sünde, und es sprach Joachim: "Jetzt weiß ich, dass Gott der Herr mir gnädig ist und mir alle meine Sünden vergeben hat." Und er stieg hinab vom Tempel des Herrn als gerechtfertigt und ging in sein Haus.
2. Es erfüllten sich aber für sie etwa sechs Monate. Im siebenten [bzw. neunten] Monat gebar Anna, und sie sprach zu der Hebamme: "Was habe ich geboren?" Und die Hebamme sagte: "Ein Mädchen." Da sprach Anna: "Es preist meine Seele diesen Tag." Und sie legte es nieder. Als aber die Tage erfüllt waren, reinigte sich Anna von ihrem Wochenbett und gab dem Kind die Brust und gab ihm den Namen "Maria".

Maria Geburt

6.
1. Von Tag zu Tag wurde das Kind kräftiger, und als es sechs Monate alt war, stellte es seine Mutter auf den Boden, um zu erproben, ob es schon stehen könne. Und es machte sieben Schritte und kam an den Schoß seiner Mutter. Seine Mutter hob es auf und sagte: "So wahr der Herr, mein Gott, lebt: Du sollst nicht mehr auf dieser Erde einhergehen, bis ich dich in den Tempel des Herrn führe." Und sie machte ein Heiligtum in seinem Schlafgemach, und sie ließ nicht zu, daß es etwas Profanes oder Unreines zu sich nehme. Und sie rief die unbefleckten Töchter der Hebräer, und sie vertrieben ihm die Zeit.
2. Am ersten Geburtstag des Kindes veranstaltete Joachim ein großes Festmahl und lud dazu die Oberpriester, die Priester und die Schriftgelehrten, den Ältestenrat und das ganze Volk Israel ein. Joachim brachte das Kind zu den Priestern, und sie segneten es und sprachen: "Gott unserer Väter, segne dieses Kind und schenke ihm einen Namen, der ewig genannt wird bei allen Generationen!" Und das ganze Volk sprach: "So sei es. Amen!" Und man brachte es zu den Oberpriestern, und auch sie segneten es mit den Worten: "Gott der Himmelshöhen, sieh herab auf dieses Kind und segne es mit dem höchsten Segen, der sich nicht überbieten lässt!"
3. Und seine Mutter brachte es hinauf in das Heiligtum des Schlafgemachs und sie gab ihm die Brust, und es stimmte Anna Gott dem Herrn einen Lobgesang an, und sie sang: "Ein heiliges Lied will ich singen dem Herrn meinem Gott, denn er hat auf mich aufgemerkt und von mir genommen die Schmähung meiner Feinde. Der Herr, mein Gott, gab mir eine einzigartige Frucht der Rechtfertigung, die zugleich vielfältig ist in seinen Augen. Wer meldet den Söhnen Rubels, dass Anna ein Kind stillt? Hört, hört, ihr zwölf Stämme Israels: Anna stillt ein Kind." Und sie brachte es zur Ruhe in dem Schlafgemach mit dem Heiligtum, ging wieder hinaus und bediente die Gäste. Als das Mahl beendet war, zogen sie freudig hinab und priesen den Gott Israels.

Unsere Liebe Frau in Jerusalem

7.
1. für das Kind verstrichen die Monate. Als das Kind zwei Jahre alt wurde, sprach Joachim: "Wir wollen es hinaufbringen in den Tempel des Herrn, um das Versprechen zu erfüllen, das wir gegeben haben, damit nicht der Herr uns (Strafe) schicke und unsere Gabe unwillkommen werde." Doch Anna sagte: "Wir wollen das dritte Jahr abwarten, sonst sucht es nach seinem Vater und seiner Mutter." Und Joachim sagte: "Warten wir!"
2. Das Kind wurde drei Jahre alt, und Joachim sprach: "Wir wollen die unbefleckten Töchter der Hebräer rufen. Sie mögen jede eine Fackel nehmen, und diese sollen brennend gehalten werden, damit das Kind sich nicht umwendet und sein Herz nicht vom Tempel des Herrn weggelockt wird!" Und sie verfuhren in dieser Weise, bis sie hinaufkamen zum Tempel des Herrn. Der Priester des Herrn nahm Maria in Empfang, küsste sie, gab den Segen und sprach: "Gott der Herr hat deinen Namen groß gemacht unter allen Geschlechtern. An dir wird der Herr am Ende der Tage offenbar machen die Erlösung für die Söhne Israels."
3. Und er setzte sie auf die dritte Stufe des Altars. Und Gott der Herr legte Anmut auf sie, und sie tanzte mit ihren kleinen Füßen. Das ganze Haus Israel gewann sie lieb.

8.
1. Und ihre Eltern zogen hinab, verwundert und mit Lob und Preis für Gott, den Herrn, daß sich das Kind nicht zu ihnen zurückgewandt hatte. Maria aber wurde im Tempel gehegt wie eine Taube, und sie erhielt Nahrung aus der Hand eines Engels.
2. Als sie zwölf Jahre alt war, hielten die Priester Rat und sagten: "Siehe, Maria ist im Tempel des Herrn zwölf Jahre alt geworden. Was sollen wir nun mit ihr tun, damit sie nicht das Heiligtum des Herrn, unseres Gottes, beflecke?" Und die Priester sagten zu ihm: "Du stehst am Altar des Herrn. Geh hinein und bete für sie! Und was dir Gott der Herr kundtun wird, das werden wir tun."
3. Und der Priester trat ein in das Allerheiligste und nahm das Gewand mit den zwölf Glöckchen und betete für sie. Und siehe, ein Engel des Herrn stand da und sagte: "Zacharias, Zacharias, geh hinaus und versammle die Witwer des Volkes, die sollen jeder einen Stab tragen, und wem Gott der Herr ein Zeichen gibt, für den soll sie Frau sein!" Und die Boten gingen hinaus in die ganze Gegend von Judäa. Die Posaune des Herrn erscholl, und siehe, alle liefen herzu.

Maria Verlobung

9.
1. Josef aber warf seine Axt weg und ging auch selbst zur ihrer Versammlung hinaus. Und als sie versammelt waren, begaben sie sich zu dem Priester und nahmen ihre Stäbe mit. Der Priester nahm die Stäbe von ihnen entgegen, betrat den Tempel und betete. Nach Beendigung des Gebets nahm er die Stäbe, ging hinaus und reichte sie ihnen. Doch ein Wunderzeichen war nicht an ihnen. Den letzten Stab bekam Josef. Und siehe, eine Taube kam aus dem Stab hervor und ließ sich auf Josefs Haupt nieder. Der Priester sprach: "Josef, Josef, dir ist durch das Los die Jungfrau des Herrn zugeteilt worden. Nimm sie in deine Obhut!"
l2. Josef entgegnete ihm und sagte: "Ich habe Söhne und bin alt, sie aber ist ein junges Mädchen. Ich fürchte, ich werde zum Gelächter für die Söhne Israels." Da sprach der Priester: Josef, fürchte den Herrn deinen Gott, und denk an alles, was Gott Datan, Abiram und Korach getan hat, wie die Erde gespalten wurde und alle verschlungen wurden wegen ihrer Auflehnung. Und fürchte dich, Josef, dass dies nicht auch in deinem Haus geschehe!"
3. Und Josef geriet in Furcht und nahm sie in seine Obhut. Und er sprach zu ihr: "Maria, ich habe dich aus dem Tempel des Herrn empfangen. Ich lasse dich nun in meinem Haus. Denn ich gehe fort, um die Bauwerke zu errichten. Dann werde ich zu dir kommen. Der Herr wird dich behüten."

10.
1. Es fand aber eine Beratung der Priester statt, die sagten: "Wir wollen einen Vorhang für den Tempel des Herrn machen." Und der Priester sagte: "Ruft mir die unbefleckten Jungfrauen aus dem Stamm Davids!" Und die Diener gingen weg, suchten und fanden sieben. Und der Priester erinnerte sich an das Mädchen Maria, dass es aus dem Stamm Davids und unbefleckt vor Gott war. Die Diener gingen hin und holten sie.
2. Man führte die Mädchen in den Tempel des Herrn, und der Priester sprach: "Werft mir das Los, wer das Gold und den Amiant, den Byssus und die Seide, das Hyazinthblau, den Scharlach und den echten Purpur verweben soll! Und auf Maria fiel das Los "echter Purpur" und "Scharlach". Und sie nahm es und ging in ihr Haus. Zu jener Zeit wurde Zacharias stumm, und an seine Stelle trat Samuel, bis Zacharias wieder sprechen konnte. Maria nahm den Scharlach und begann zu spinnen.

Maria

11.
1. Und sie nahm den Krug und ging hinaus, um Wasser zu schöpfen. Und siehe, eine Stimme sprach zu ihr: "Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir! Gesegnet bist du unter den Frauen!" Und Maria schaute sich nach rechts und nach links um, woher diese Stimme käme. Sie erbebte, ging in ihr Haus hinein, stellte den Krug ab, nahm den Purpur, setzte sich auf ihren Stuhl und spann den Purpur.
2. Und siehe, ein Engel stand vor ihr und sagte: "Fürchte dich nicht, Maria. Denn du hast Gnade gefunden vor dem Herrscher aller. Du wirst empfangen durch sein Wort." Als Maria das hörte, dachte sie bei sich nach und sagte: "Ich sollte empfangen vom Herrn, dem lebendigen Gott, wie jede Frau gebiert?"
3. Und siehe, der Engel trat zu ihr und sprach: "Nicht so, Maria. Denn die Kraft Gottes wird dich überschatten. Darum wird auch das Kind heilig genannt werden, Sohn des Höchsten. Und du sollst ihm den Namen Jesus geben. Denn er wird retten sein Volk von seinen Sünden." Da sprach Maria: "Siehe, ich bin die Magd des Herrn vor ihm. Es geschehe mir nach deinem Wort."

12.
1. Und sie verarbeitete den Purpur und den Scharlach und brachte sie dem Priester. Der Priester nahm sie in Empfang, segnete Maria und sprach: "Maria, Gott der Herr hat deinen Namen groß gemacht, und du wirst gesegnet sein unter allen Geschlechtern der Erde."
2. Voll Freude ging nun Maria zu ihrer Verwandten Elisabet und klopfte an die Tür. Als Elisabet es hörte, ließ sie den Scharlach fallen, lief zur Tür und öffnete ihr. Sie segnete sie und sprach: "Woher geschieht mir dies, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn siehe, das Kind in mir hüpfte und segnete dich." Maria aber dachte nicht an die Geheimnisse, von denen der Engel Gabriel gesprochen hatte. Sie blickte zum Himmel und sprach: "Wer bin ich, dass, siehe, alle Frauen der Erde mich seligpreisen?"
3. Und sie blieb drei Monate bei Elisabet. Tag für Tag nahm ihr Leib zu, Maria fürchtete sich, ging fort in ihr Haus und verbarg sich vor den Söhnen Israels. Sie war sechzehn Jahre alt, als diese geheimnisvollen Dinge mit ihr geschahen.

13.
1. Als sie aber im sechsten Monat war, siehe, da kam Josef von seinen Bauarbeiten, betrat das Haus und fand sie schwanger. Und er schlug sein Angesicht, warf sich nieder auf den Sack, er weinte bitter und sprach: "Mit welchem Gesicht soll ich Gott den Herrn anblicken? Was soll ich beten ihretwegen? Denn als Jungfrau habe ich sie aus dem Tempel Gottes des Herrn empfangen, und ich habe sie nicht behütet. Wer hat mich hintergangen? Wer hat diese Übeltat in meinem Haus verübt? [Wer hat mir die Jungfrau geraubt] und sie befleckt? Sollte sich an mir die Geschichte Adams wiederholt haben? Wie nämlich Adam in der Stunde seines Lobgebets abwesend war, die Schlange kam, Eva allein fand, sie täuschte und befleckte, so ist es auch mir widerfahren!"
2. Und Josef stand auf von dem Sack, rief sie und sprach zu ihr: "Du von Gott Umsorgte, warum hast du das getan? Hast du den Herrn, deinen Gott, vergessen? Warum hast du deine Seele erniedrigt, da du doch im Allerheiligsten aufgezogen worden bist und Nahrung aus der Hand eines Engels empfangen durftest?"
3. Sie aber weinte bitter und sprach: "Rein bin ich, und einen Mann erkenne ich nicht." Josef sagte zu ihr: "Woher also ist das in deinem Leib?" Sie aber sagte: "So wahr der Herr, mein Gott, lebt. Ich weiß nicht, woher das Kind in mir ist."

14.
1. Josef fürchtete sich sehr und entfernte sich von ihr. Er überlegte, was er mit ihr tun solle. Und Josef sprach: "Wenn ich ihre Sünde verberge, so werde ich als einer erfunden, der gegen das Gesetz des Herrn streitet. Wenn ich sie bloßstelle vor den Söhnen Israels, muss ich fürchten, dass das, was in ihr ist, von Engeln stammen könnte und ich als einer erfunden werde, der unschuldiges Blut dem Todesurteil ausliefert. Was also soll ich mit ihr tun? Ich will sie heimlich von mir entlassen." Doch die Nacht überkam ihn. 2. Und siehe, ein Engel des Herrn erscheint ihm im Traum und spricht: "Fürchte dich nicht wegen dieses Mädchens! Denn das, was in ihr ist, stammt vom Heiligen Geist. Sie wird dir einen Sohn gebären, dem du den Namen Jesus geben sollst. Denn er wird sein Volk retten von seinen Sünden." Und Josef stand vom Schlafe auf und lobte den Gott Israels, der ihm seine Gnade erwiesen hatte. Und er nahm das Mädchen in seine Obhut.

15.
1. Es kam aber Annas, der Schriftgelehrte, zu ihm und sagte: "Josef, warum bist du nicht in unserer Versammlung erschienen?" Er antwortete ihm: "Ich war müde von der Reise und ruhte mich den ersten Tag aus." Annas wandte sich um und sah, dass Maria schwanger war. 2. Und er lief eilends zum Priester und sagte ihm: "Siehe, Josef, für den du Zeuge bist, hat sich schwer vergangen." Und der Hohepriester sagte: "Inwiefern?" Er antwortete: "Die Jungfrau, die Josef aus dem Tempel des Herrn empfangen hat, hat er befleckt, er hat ihr Beilager gestohlen und hat es den Söhnen Israels nicht kundgetan." Der Hohepriester sagte zu ihm: "Josef soll das getan haben?" Er antwortete: "Schicke Diener aus, und du wirst die Jungfrau schwanger finden." Und die Bediensteten gingen fort und fanden sie, wie er gesagt hatte, und sie führten sie zum Tempel und sie trat vor das Gericht. 3. Und der Hohepriester sprach zu ihr: "Maria, warum hast du das getan? Warum hast du deine Seele erniedrigt? Hast du den Herrn, deinen Gott, vergessen, du, die erzogen wurde im Allerheiligsten und Nahrung aus der Hand von Engeln empfing? Du, die ihre Lobgesänge hören und vor ihnen tanzen durfte, warum hast du das getan?" Sie aber weinte bitter und sagte: "So wahr Gott der Herr lebt. Ich bin rein vor ihm, und einen Mann erkenne ich nicht." 4. Der Hohepriester sprach: "Josef, warum hast du das getan?" Josef sagte: "So wahr der Herr mein Gott lebt und sein Christus lebt und der Zeuge seiner Wahrheit: Ich bin an ihr nicht schuldig geworden." Und der Hohepriester sprach: "Lege kein falsches Zeugnis ab, sondern sprich die Wahrheit! Du hast ihr Beilager gestohlen und es den Söhnen Israels nicht kundgetan. Du hast dein Haupt nicht gebeugt unter die starke Hand Gottes, damit deine Nachkommenschaft gesegnet werde." Und Josef schwieg.

16.
1. Und der Hohepriester sprach: "Gib die Jungfrau zurück, die du aus dem Tempel des Herrn empfangen hast!" Und Josef weinte sehr. Da sprach der Hohepriester: "Ich gebe euch das Prüfungswasser des Herrn zu trinken, es wird eure Sünden vor euren Augen offenbar machen." 2. Und der Hohepriester nahm es, gab Josef zu trinken und schickte ihn in die Wüste. Und er kam wohlbehalten zurück. Er gab auch dem Mädchen zu trinken und schickte es in die Wüste. Und auch sie kam wohlbehalten zurück. Das ganze Volk wunderte sich, dass ihre Sünde nicht offenbar wurde. Und der Hohepriester sagte: 3. "Wenn Gott der Herr eure Sünde nicht offenbar gemacht hat, so verurteile auch ich euch nicht." Und er ließ sie gehen. Josef nahm Maria zu sich und ging fort in sein Haus, voll Freude und den Gott Israels preisend.

17.
1. Ein Befehl aber ging aus von Augustus, dem König, dass alle Einwohner von Betlehem in Judäa sich eintragen lassen sollten. Und Josef sprach: "Ich lasse meine Söhne eintragen. Was aber soll ich mit diesem Mädchen machen? Wie soll ich sie aufschreiben lassen? Als meine Frau? Da schäme ich mich. Oder als meine Tochter? Doch es wissen ja alle Söhne Israels, dass sie nicht meine Tochter ist. Der Tag des Herrn wird es selber machen, wie er will." 2. Und er sattelte seinen Esel und setzte sie darauf, sein Sohn führte, und Samuel folgte. Und sie näherten sich auf drei Meilen. Da wandte sich Josef um und sah sie traurig. Er sagte: "Vielleicht macht ihr das zu schaffen, was in ihr ist." Wiederum wandte sich Josef um und sah sie lachen. Und er sprach zu ihr: "Maria, was ist mit dir, dass ich dein Angesicht mal lachend und mal traurig sehe?" Und sie sagte zu ihm: "Josef, ich sehe zwei Völker mit meinen Augen, ein weinendes und klagendes und eins, das sich freut und jubelt." 3. Und sie hatten den halben Weg zurückgelegt, da sagte Maria: "Josef, heb mich vom Esel herab, denn das Kind in mir bedrängt mich und will herauskommen." Und er hob sie dort herunter und sprach zu ihr: "Wo soll ich dich hinbringen und auf dich in dieser misslichen Lage achthaben, da der Ort doch einsam ist.

18.
1. Und er fand dort eine Höhle und führte sie hinein, ließ seine Söhne bei ihr stehen und ging hinaus, eine hebräische Hebamme in der Gegend von Betlehem zu suchen. 2. Ich aber, Josef, ging umher und ging nicht umher. Und ich blickte hinauf zum Himmelsgewölbe und sah es stillstehen, und ich blickte hinauf in die Luft und sah sie erstarrt und die Vögel des Himmels unbeweglich bleiben. Und ich blickte auf die Erde und sah dort eine Schüssel stehen und Arbeiter darum gelagert, ihre Hände waren in der Schüssel. Aber die Kauenden kauten nicht, und die etwas aufhoben, hoben nichts auf, und die etwas zum Mund führten, führten nicht. Vielmehr hatten alle den Blick nach oben gerichtet. 3. Und ich sah, wie Schafe getrieben wurden, doch die Schafe blieben stehen. Und der Hirte erhob die Hand, sie zu schlagen, doch seine Hand blieb oben stehen. Und ich blickte auf den Lauf des Flusses, und ich sah die Böcke, und wie ihre Mäuler auf dem Wasser lagen, aber nicht tranken. Dann ging alles auf einmal wieder seinen Gang.

19.
1. Und ich sah eine Frau vom Berg herabsteigen. Sie sagte zu mir: "Mann, wo gehst du hin?" Und ich sagte: "Eine hebräische Hebamme suche ich." Und sie antwortete mir und sprach: "Bist du aus Israel?" Ich sagte: "Ja." Sie aber sprach: "Und wer ist die, die in der Höhle gebiert?" Und ich sagte: "Meine Verlobte." Und sie sprach zu mir: "Sie ist nicht deine Frau?" Ich sagte ihr: "Maria ist es, die im Tempel des Herrn aufgezogen wurde. Ich erhielt sie durch das Los zur Frau. Doch sie ist nicht meine Frau, sondern das Kind hat sie durch den Heiligen Geist empfangen." Und die Hebamme sagte zu ihm: "Ist das wahr?" Josef antwortete ihr: "Komm und sieh!" Sie ging mit ihm. 2. Und sie traten an den Ort der Höhle. Und eine finstere Wolke überschattete die Höhle. Und die Hebamme sprach: "Erhoben ist heute meine Seele, denn meine Augen haben heute Wunderbares geschaut, denn für Israel ist das Heil geboren." Und sogleich verzog sich die Wolke von der Höhle, und es erschien ein großes Licht in der Höhle, so dass die Augen es nicht ertragen konnten. Und ein wenig später verschwand das Licht, bis das Kind erschien. Und es kam und nahm die Brust von seiner Mutter Maria. Und die Hebamme schrie auf und rief: "Was für ein großer Tag ist das heute für mich, dass ich dieses nie dagewesene Schauspiel sehen durfte!" 3. Und die Hebamme trat aus der Höhle heraus. Da begegnete ihr Salome. Sie sprach zu ihr: "Salome, Salome, ich habe dir ein nie dagewesenes Schauspiel zu erzählen. Eine Jungfrau hat geboren, was doch ihre Natur nicht zulässt." Und Salome sagte: "So wahr der Herr, mein Gott, lebt: Wenn ich nicht meinen Finger hinlege und ihren Zustand untersuche, werde ich nicht glauben, dass eine Jungfrau geboren hat."

20.
1. Und die Hebamme ging hinein und sagte: "Maria, lege dich bereit. Denn ein nicht geringer Streit erhebt sich um dich." Und Maria hörte es und legte sich bereit. Und Salome legte ihren Finger hin zur Untersuchung ihres Zustandes. Und Salome stieß einen Schrei aus und sagte: "Wehe über meinen Frevel und meinen Unglauben, denn ich habe den lebendigen Gott versucht. Siehe, meine Hand fällt von Feuer verzehrt von mir ab." 2. Und Salome beugte die Knie vor dem Herrn und sagte: "Gott meiner Väter, gedenke meiner. Denn ich bin Nachkomme Abrahams, Isaaks und Jakobs. Stelle mich nicht an den Pranger vor den Söhnen Israels, sondern gib mich den Armen wieder! Denn du weißt, Herr, dass ich in deinem Namen meine Dienste tat und den Lohn von dir empfing." 3. Und siehe, da stand ein Engel des Herrn und sagte zu ihr: "Salome, Salome, der Allherrscher hat dein Gebet erhört. Streck deine Hand aus zu dem Kind und nimm es auf den Arm! So wird dir Freude und Heil zuteilwerden." 4. Voll Freude trat Salome zu dem Kind, nahm es auf den Arm und sagte: "Huldigen will ich ihm, denn Israel ist ein König geboren worden." Und sogleich wurde Salome geheilt, und sie ging aus der Höhle gerechtfertigt hinaus. Und siehe, eine Stimme erging: "Salome, Salome, verkündige nicht, was du Wunderbares gesehen hast, bis der Knabe nach Jerusalem gekommen ist."

21.
1. Und siehe, Josef bereitete den Aufbruch nach Judäa vor. Eine große Aufregung entstand in Betlehem in Judäa. Es kamen nämlich Magier und sagten: "Wo ist der König der Juden? Wir haben nämlich seinen Stern im Osten gesehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen." 2. Und als Herodes das hörte, erschrak er und sandte Diener aus zu den Magiern. Er ließ auch die Hohenpriester kommen und befragte sie im Praetorium: "Wie steht über den Messias geschrieben? Wo wird er geboren?" Sie sagen ihm: "In Betlehem in Judäa. So steht es geschrieben". Da entließ er sie. Und er befragte die Magier: "Was für ein Zeichen habt ihr betreffs des neugeborenen Königs gesehen?" Und die Magier sagten: "Wir haben gesehen, wie ein überaus großer Stern unter diesen Sternen aufstrahlte und die anderen verdunkelte, so dass die Sterne nicht mehr schienen. Und so erkannten wir, dass für Israel ein König geboren wurde. Wir sind gekommen, ihm zu huldigen." Und Herodes sprach zu ihnen: "Geht und sucht, und wenn ihr ihn gefunden habt, gebt mir Bericht, damit auch ich hingehe und ihm meine Huldigung erweise." 3. Und die Magier gingen fort. Und siehe, der Stern, den sie im Osten gesehen hatten, zog vor ihnen her, bis sie zur Höhle kamen. Er blieb zu Häupten des Kindes stehen. Und die Magier sahen das Kind bei seiner Mutter, Maria, und sie nahmen Geschenke aus ihrer Reisetasche: Gold, Weihrauch und Myrrhe. 4. Und da ihnen von dem Engel Weisung erteilt worden war, nicht nach Judäa zu gehen, kehrten sie auf einem anderen Weg in ihr Land zurück.

22.
1. Da erkannte Herodes, dass er von den Magiern hintergangen worden war, geriet in Zorn und schickte seine Mörder aus mit dem Befehl, alle Kinder von zwei Jahren und darunter umzubringen. 2. Als Maria hörte, dass die kleinen Kinder getötet wurden, fürchtete sie sich. Sie nahm das Kind, wickelte es in Windeln und legte es in eine Ochsenkrippe. 3. Als Elisabet hörte, dass man nach Johannes suchte, nahm sie ihn und stieg hinauf ins Gebirge. Und sie blickte umher, wo sie ihn verstecken könnte. Doch es gab keinen Ort zum Versteck. Elisabet seufzte und sprach: "Berg Gottes, nimm mich, die Mutter, mit dem Kind auf!" Denn Elisabet konnte nicht weiter hinaufsteigen vor Angst. Und sogleich spaltete sich der Berg und nahm sie auf. Und jener Berg ließ für sie ein Licht durchscheinen. Denn ein Engel des Herrn war mit ihnen und beschützte sie.

23.
1. Herodes aber fahndete weiter nach Johannes und sandte Bedienstete zum Altar zu Zacharias und ließ ihm sagen: "Wo hast du deinen Sohn versteckt?" Er aber antwortete und sprach zu ihnen: "Ich bin Diener Gottes und weile ständig in seinem Tempel. Was weiß ich, wo mein Sohn ist?" 2. Und die Bediensteten gingen fort und meldeten ihm dies alles. Da geriet Herodes in Zorn und sagte. "Sein Sohn soll wohl König von Israel werden?" Und er schickte seine Schergen wiederum zu ihm mit dem Befehl. "Sag die Wahrheit. Wo ist dein Sohn? Du weißt doch, dass dein Blut in meiner Hand ist." Und die Schergen gingen weg und meldeten ihm das alles. 3. Zacharias antwortete: "Ich bin ein Blutzeuge Gottes. Mein Blut kannst du haben. Meinen Geist aber wird der Herr aufnehmen, denn du vergießest unschuldiges Blut im Vorraum des Tempels des Herrn." Und zur Morgendämmerung wurde Zacharias ermordet. Doch die Söhne Israels wussten nicht, dass man ihn ermordet hatte.

24.
1. Vielmehr machten sich die Priester auf zur Stunde der Begrüßung. Aber der Segen des Zacharias kam ihnen nicht wie sonst entgegen. Die Priester standen und erwarteten Zacharias, um ihn mit Gebet zu begrüßen und Gott, den Allerhöchsten, zu preisen. 2. Als er aber ausblieb, bekamen sie alle Angst. Einer von ihnen aber fasste Mut und ging in das Heiligtum. Und er gewahrte beim Altar des Herrn geronnenes Blut und eine Stimme, die sagte: "Zacharias wurde ermordet, und sein Blut wird nicht abgewaschen, bis der Rächer kommt." Als er diese Worte hörte, fürchtete er sich, ging hinaus und meldete den Priestern, was er gesehen und gehört hatte. 3. Und sie gingen mutig hinein und sahen, was geschehen war. Und die Täfelung der Tempeldecke ächzte. Sie selbst zerrissen sich die Kleider von oben bis unten. Und seinen Leichnam fanden sie nicht, wohl aber fanden sie sein Blut, das zu Stein geworden war. Sie fürchteten sich, gingen hinaus und verkündeten: Zacharias ist ermordet worden. Das hörten alle Stämme des Volkes, und sie trauerten um ihn und klagten drei Tage und drei Nächte. 4. Nach den drei Tagen aber hielten die Priester Rat, wen sie in die Position des Zacharias erheben sollten. Und das Los fiel auf Simeon. Er war es nämlich, dem vom Heiligen Geist offenbart worden war, er werde den Tod nicht schauen, bis er den Messias im Fleische sähe.

25.
1. Ich aber, Jakobus, der ich diese Geschichte aufgeschrieben habe in Jerusalem, und bei den Unruhen, die anlässlich des Todes des Herodes ausbrachen, begab ich mich in die Wüste, bis der Aufstand in Jerusalem sich gelegt hatte. Ich werde den Herrn preisen, der mir die Weisheit geschenkt hat, diese Geschichte zu schreiben.
2. Die Gnade sei mit allen, die den Herrn fürchten! Amen.