Die Heiligen

1.9. Josua

Josua

Josua der Sohn Nuns
12.Jhd v.Chr.

Josua

Josua, der Sohn Nuns, war während des Auszugs aus Ägypten der engste Vertraute von Mose und wurde nach dessen Tod sein Nachfolger. Gemäß dem nach ihm benannten Buch Josua spielte er eine entscheidende Rolle als Anführer Israels bei der Eroberung des Heiligen Landes.

„Josua, der Sohn Nuns, war von Jugend an der Diener des Mose gewesen.“

So heißt es in Num 11,28. Mehr erfahren wir nicht über die Jugend des großen Anführers des Volkes Israel. Im Buch Exodus taucht Josua ganz unvermittelt auf. Als sich die Amalekiter in der Wüste den Israeliten in den Weg stellen, wird Josua von Mose zum Heerführer bestimmt. Er soll Krieger auswählen und zieht mit ihnen in den siegreichen Kampf gegen die Amalekiter, während Mose auf einem Hügel über dem Schlachtfeld mit erhobenen Armen den göttlichen Beistand herbei ruft (Ex 17,8-16).
Wenig später (Ex 24,13) wird berichtet, wie Josua beim Bundesschluss am Sinai zusammen mit Mose auf den Heiligen Berg hinauf steigt. Während er mit Mose auf dem Berg ist, macht sich das Volk das Goldene Kalb als Kultobjekt, worüber Mose, als er mit Josua vom Sinai herab kommt, so entsetzt ist, dass er die beiden Tafeln mit den Geboten Gottes zerschmettert (Ex 32,17-20).
Nach der Errichtung des Bundeszeltes, dem Heiligtum Israels während seiner Wanderschaft, in dem unter anderem die Bundeslade mit den Zehn Geboten stand, obliegt Josua der Wächterdienst vor diesem Zelt (Ex 33,11). Als Gott später während einer Versammlung einen Teil des Geistes, der bisher allein auf Mose ruhte, auch über die siebzig Ältesten Israels kommen lässt, ereifert sich Josua über zwei Älteste, die nicht zur Versammlung gekommen waren, aber dennoch den Geist empfangen haben (Num 11,24-30).
Josua war einer der zwölf Kundschafter, die Mose vorausschickte, um das Land Kanaan zu erkunden. Zehn von ihnen erzählten nach ihrer Rückkehr schauderhafte Geschichten über dieses Land. Es sei zwar reich an Früchten, ein Land, in dem Milch und Honig fließen, jedoch seien dessen Bewohner so groß und stark, dass es Israel unmöglich sein würde, das Land zu erobern. Sogar Riesen gäbe es dort. Daraufhin verlor das Volk den Mut und erhob sich gegen Mose. Nur Kaleb und Josua zweifelten nicht daran, dass Israel mit Gottes Hilfe das Land erobern könne. Aus Strafe für den Aufruhr wurde die Wüstenwanderung um vierzig Jahre verlängert, so dass keiner von den Israeliten, die gemurrt hatten, das Heilige Land betreten sollte. Josua und Kaleb sollten die einzigen aus dieser Generation sein, die später den Jordan überschreiten durften (Num 13,1-14,45).
Da auch Mose wegen seiner Zweifel bei Meriba das Gelobte Land nicht betreten durfte (Num 20,12), wurde Josua zunächst als Anführer des Volkes an der Seite des Mose` und schließlich zum Nachfolger von Mose eingesetzt.

„Der Herr sagte zu Mose: Nimm Josua, den Sohn Nuns, einen Mann, der mit dem Geist begabt ist, und leg ihm deine Hand auf! Gib ihm einen Teil deiner Würde ab, damit die ganze Gemeinde der Israeliten auf ihn hört.“ (Num 27,18.20)

Durch Mose wird Josua von Gott beauftragt, das Land Israel zu erobern und unter die Stämme Israels zu verteilen:

„Josua, der Sohn Nuns, dein Gehilfe, wird hineinkommen. Verleih ihm Macht: Er soll das Land Israel als Erbbesitz verteilen.“ (Dtn 1,38)

Im Pentateuch wird Josua somit Schritt für Schritt in seine Rolle als Anführer Israels eingeführt und von Mose und Gott selbst zu diesem Amt legitimiert. Im Buch Josua erfahren wir dann, wie Josua dieses Amt ausgeübt hat. Unerschrocken vertraut er der Zusage Gottes:

„Sei mutig und stark! Fürchte dich nicht! Hab keine Angst! Denn der Herr, dein Gott, ist mit dir bei allem, was du unternimmst.“ (Jos 1,9)

Nachdem Mose in Sichtweite des Gelobten Landes verstorben war, überschreiten die Israeliten unter der der Führung Josuas den Jordan, der ähnlich wie einst das Rote Meer sein Wasser zurück hält, damit Israel trockenen Fußes hindurch ziehen kann. In Gilgal wird der Bund der Beschneidung erneuert und das erste Paschafest im Heiligen Land gefeiert. Zwölf Gedenksteine sollen Israel an dieses Ereignis erinnern.
Kurz darauf wird Jericho erobert, dessen Mauern unter dem Schall der Posaunen und dem Kriegsgeschrei Israels einstürzen. Allein die Dirne Rahab, die zuvor die Kundschafter Israels bei sich aufgenommen hat, wird gerettet. Sie wird zur Stammmutter des Hauses David und ist eine von vier Frauen, die Matthäus im Stammbaum Jesu erwähnt.
Unaufhaltsam breitet sich Israel im Gelobten Land aus. Zunächst zieht man nach Süden, wo sich fünf Könige der Kanaaniter gegen Israel verbündet haben, aber von Josua vernichtend geschlagen werden. Sonne und Mond standen still, damit der Tag andauerte und Israel die fliehenden Feinde vernichten konnte. Dann zieht Josua gen Norden, wo Israel über eine Allianz feindlicher Könige triumphiert. So wird das ganze Land erobert, so dass Josua schließlich jedem der Stämme Israels seinen Erbbesitzt zuteilen konnte.

Josua

Lange Zeit später, als Friede eingekehrt war und Israel sich im Land eingelebt hat, versammelt Josua kurz vor seinem Tod die Oberhäupter der Zwölf Stämme in Sichem.
Sichem lag in exponierter Lage zwischen den Bergen Garizim und Ebal, ziemlich genau in der Mitte Israels, das von Dan bis Beerscheba reichte, am Kreuzungspunkt zweier wichtiger Straßen von Norden nach Süden und von Osten nach Westen. Hier hatten bereits Abraham und Jakob einen Altar errichtet und Jakob hatte dort ein Grundstück erworben, auf dem später die Gebeine Josefs bestattet wurden, die die Israeliten aus Ägypten mitgeführt hatten. Dort befindet sich auch seit Urzeiten der Jakobsbrunnen, an dem Jesus später der Samariterin begegnen wird (Joh 4).
Beim sogenannten Landtag in Sichem legte Josua dem Volk noch einmal die ganze Geschichte vom Auszug aus Ägypten bis zur Ansiedlung im Gelobten Land dar. Nicht aus eigener Kraft hat Israel das alles geschafft, sondern Gott war es, der Israel geführt und die Feinde geschlagen hat. Wenn Israel nun in Frieden und Wohlstand im neu gewonnenen Land leben will, muss es sich entscheiden, ob es seinem Gott treu bleiben, oder den Göttern der anderen Völker dienen möchte.

„Wenn es euch aber nicht gefällt, dem Herrn zu dienen, dann entscheidet euch heute, wem ihr dienen wollt: den Göttern, denen eure Väter jenseits des Stroms dienten, oder den Göttern der Amoriter, in deren Land ihr wohnt. Ich aber und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen.
Das Volk antwortete: Das sei uns fern, dass wir den Herrn verlassen und anderen Göttern dienen. Denn der Herr, unser Gott, war es, der uns und unsere Väter aus dem Sklavenhaus Ägypten herausgeführt hat und der vor unseren Augen alle die großen Wunder getan hat. Er hat uns beschützt auf dem ganzen Weg, den wir gegangen sind, und unter allen Völkern, durch deren Gebiet wir gezogen sind. Auch wir wollen dem Herrn dienen; denn er ist unser Gott.“ (Jos 24,15-18)

Diesem ausdrücklichen Bekenntnis des Volkes zum alleinigen Dienst am Gott Israels folgt der Erlass von Gesetz und Recht in Sichem und die Errichtung eines Gedenksteins als Zeichen des Bundes. Kurz darauf stirbt Josua im Alter von 110 Jahren und wird auf seinem Erbbesitz im Gebirge Efraim begraben.

Das Volk hat eine Entscheidung getroffen, die seine weitere Geschichte prägen wird. Israel wird dieser Entscheidung zwar immer wieder untreu werden - zu anspruchsvoll scheint oft der Dienst an diesem Gott, zu groß die Verführung der anderen Götter - doch der Bund, den Gott mit seinem Volk geschlossen hat, der mit Abraham seinen Anfang nahm, am Sinai besiegelt und hier in Sichem erneuert wurde, er bleibt zu allen Zeiten bestehen. Gott bleibt seinem Volk nah und führt es durch die Zeiten.
Die Geschichte Josuas soll dem Volk Mut machen, seinem Gott treu zu bleiben. So sind die Ereignisse, die im Buch Josua erzählt werden, aus der Sicht späterer Zeiten stilisiert worden. Bereits das folgende Richterbuch gibt eine andere Sichtweise der Landnahme und zeigt, dass beim Tod Josuas längst nicht alle Feinde geschlagen waren.
Auch aus moderner historischer Sicht ergibt sich ein ganz anderes Bild der Landnahme. Es wird immer wieder darauf hingewiesen, dass Jericho, das auf so spektakuläre Weise erobert wurde, zur Zeit Josuas bereits ein Trümmerhaufen war. Die Landnahme war kein kurzer Eroberungszug, sondern ein länger andauernder, komplizierter Prozess. Die Gruppe, die unter Mose und Josua nach Israel eingewandert ist, war wohl nur eine von verschiedenen Gruppen, die sich dann später als Volk Israel gesehen hat. Dennoch hatte Josua wohl eine bedeutende Rolle inne und daher vereinigten sich in seiner Person später verschiedene Erzähltraditionen.
Und doch ist die Entscheidung, die das Volk unter Josua trifft, entscheidend für seine weitere Geschichte. Nur durch die entschiedene Absage an die fremden Götter und die Vermischung mit fremden Völkern und dem entschiedenen Festhalten am Gesetz Gottes wurde Israel zu dem Volk Gottes, das es bis heute ist, das durch alle Zeiten eine Sonderstellung in der Welt einnimmt und das selbst die grausamsten Verfolgungen nicht auslöschen konnten. Auch heute ist dieses Volk, das erst seit wenigen Jahrzehnten wieder das Gelobte Land sein Eigen nennen darf, von mächtigen Gegnern auf allen Seiten bedroht. Auch wenn dieses Volk zahlenmäßig relativ klein ist, so hat sein Schicksal doch zu allen Zeiten einen entscheidenden Einfluss auf die Geschichte der ganzen Welt.