Die Heiligen

12.1. Aelred von Rieval

Aelred von Rieval

Aelred von Rieval
1110-1167
Abt

Aelred von Rieval

Aelred wurde 1110 in Hexham an der Grenze zwischen England und Schottland geboren. Er stammte aus einer angelsächsischen Klerikerfamilie, sein Vater war Propst von Hexham. Nach seiner Erziehung im Kloster Durham, wo er eine umfangreiche klassische Ausbildung genoss, trat er in die Dienste König Davids I. (1124–1153). Er war Jugendgefährte der schottischen Prinzen und später Ökonom am schottischen Königshof. Im Jahr 1134 lernte er auf einer Reise das Zisterzienserkloster Rieval in Yorkshire kennen, in das er bald darauf eingetreten ist.
Im Frühjahr 1142 unternahm Aelred eine Pilgerreise nach Rom, auf der er auch das Kloster Clairvaux besuchte. Dort ist er dem hl. Bernhard von Clairvaux persönlich begegnet ist. Aelred und Bernhard sind wohl die berühmtesten Zisterzienser des Mittelalters und blieben nach ihrer Begegnung einander freundschaftlich verbunden. Ein Briefwechsel zwischen ihnen ist uns erhalten geblieben.
In seinem Heimatkloster hatte Aelred zunächst das Amt des Cellerars (Ökonom) inne, nach seiner Rückkehr aus Rom wurde er Novizenmeister. Im Jahr 1143 wurde er mit einigen Mitbrüdern ausgesandt, um das Kloster Revesby in Lincolnshire zu gründen, das er dann als Abt leitete. 1147 holte man ihn in das Mutterkloster Rieval zurück, als dessen Abt er zugleich das Oberhaupt aller Zisterzienser in ganz England war. Rieval florierte während seiner Amtszeit. In seiner Vita heißt es:

Alles verdoppelte er: Mönche, Laienbrüder, Laienmitarbeiter, Stiftungen, Landbesitz und das gesamte Kirchengerät. Die Ordensdisziplin aber und die Liebe verdreifachte er. ... So hinterließ der Vater, als er zu Christus einging, dort in Rieval 140 Chormönche und 500 Laienbrüder.

Aelred verfasste zahlreiche geistliche Schriften. Mittelpunkt all seines Denkens und Schreibens sind Jesus Christus und die Heilige Schrift:

Nihil quod non dulcissimi nominis Jesu fuisset melle mellitum,
nihil quod non Sacrarum Scripturarum fuisset sale conditum,
meum sibi ex toto rapiebat effectum.

Nichts, was nicht mit dem Honig des süßesten Namens Jesu gesüßt war,
nichts, was nicht mit dem Salz der Heiligen Schriften gewürzt war,
konnte meinen Sinn wirklich begeistern.

Das wohl bekannteste seiner Werke ist der aus seinen letzten Lebensjahren stammende Dialog „De spiritali amicitia“ (Über die geistliche Freundschaft). Berühmtheit erlangten auch seine „Oratio Pastoralis“ (Hirtengebet) und seine Regel für Reklusinnen „De Institutione Inclusarum“. Darüber hinaus verfasste Aelred auch einige Schriften zur Geschichte Englands und Schottlands.
Aelred zog sich wohl aufgrund der streng asketischen Lebensbedingungen und des kalten und feuchten Klimas früh chronische Krankheiten zu, die er über viele Jahre tapfer ertrug. Er starb am 12. Januar 1167. Bereits 1191 wurde er von Papst Coelestin III. heiliggesprochen.

In seinem Werk „De spiritali amicitia“ (Über die geistliche Freundschaft) beschreibt Aelred das Wesen und die Kennzeichen geistlicher Freundschaft und erklärt ihren starken Bezug zu Gott. Auch wenn die Kriterien echter Freundschaft hier sehr hoch angesetzt sind, dürfen wir nicht meinen, dass nur perfekte Menschen zur Freundschaft fähig wären, sonst wäre ja gar keine Freundschaft unter Menschen möglich, da kein Mensch perfekt ist. Was zählt ist das innige Streben nach den höchsten Gütern:

Auch der Versuch, Großes zu erreichen, ist eine große Tat. - Magnarum rerum etiam ipse conatus magnus est. - Dem Tapferen ist es ein Bedürfnis, Erhabenes und Höchstes anzustreben. Er will das Gewünschte erhalten, oder wenigstens besser erkennen, was dessen Wert ist, und wie erstrebenswert das ist, was er noch nicht erhalten hat. Es ist kein geringer Fortschritt, wenn einer die Tugend kennenlernt und somit weiß, wie weit er von ihr noch entfernt ist. Übrigens darf der Christ nie verzweifeln und denken, irgendeine Tugend sei ihm unerreichbar. Denn täglich klingt ihm ins Ohr die Stimme Gottes im Evangelium: "Bittet und ihr werdet empfangen!"
Aelred von Rieval

Ausgehend von Jesu Wort an seine Jünger: "Liebt einander, wie ich euch geliebt habe. Niemand hat größere Liebe, als wer sein Leben hingibt für seine Freunde. ... Ich nenne euch nicht mehr Knechte sondern Freunde" (vgl. Joh 15,12-15), gibt es für Aelred keinen Unterschied zwischen Freundschaft und Liebe:

Quelle und Ursprung der Freundschaft ist die Liebe, Liebe ohne Freundschaft kann es geben, Freundschaft ohne Liebe niemals.

Ausführlich zeigt Aelred, nach welchen Kriterien Freunde auszuwählen sind. Dies macht deutlich, wie schwer es ist, wahre Freundschaft zu finden.

Es gibt gewisse Untugenden, die unfähig machen, die Rechte und Gesetze der Freundschaft auf Dauer aufrecht zu halten. Solche Leute soll man sich nicht als Freunde aussuchen. Das sind die Aufbrausenden, die Wankelmütigen, die Argwöhnischen, die Schwätzer.

Leicht ist es nicht, jemanden zu finden, der nicht öfters von diesen Leidenschaften versucht wird, aber dennoch gibt es viele, die diese Versuchungen überwunden haben.

Zur Freundschaft gehören vornehmlich vier Eigenschaften: Liebe und Anhänglichkeit, Verlass und Vertrautheit. Liebe ist Wohltun mit Wohlwollen. Anhänglichkeit ist eine ganz innerlich empfundene Freude am Freund. Verlass meint das beruhigende Bewusstsein, ohne Furcht und Sorge alle Geheimnisse und Pläne anvertrauen zu dürfen. Vertrautheit ist das gemeinsame süße Erleben aller Erfahrungen, ob sie froh oder traurig, nützlich oder schädlich sind.

Wer einen wahren Freund findet, hat ein großes Gut erlangt:

Si autem unus adesset quem aeque ut te ipsum diligeres, a quo te similiter diligi non dubitares, nonne omnia quae prius videbantur amara, dulcia redderentur et sapia?

Wenn es aber jemand gäbe, den du liebst wie dich selbst und der dich zweifelsohne gleichermaßen liebt, würde dann nicht all das, was bisher bitter erschien, sich in köstliche Süßigkeit verwandeln?

Die Zurechtweisung eines Freundes tut nicht weh, sein Lob ist echt und niemals Schmeichelei. Freundschaft ist zudem frei von materiellen Interessen. Wer einen anderen Lohn verlangt, als die Freundschaft selbst, hat noch nicht begriffen, was wahre Freundschaft ist. In die Freundschaft zwischen zwei Menschen gehört immer auch Christus als Dritter hinein und die volle Frucht fällt nur denen in den Schoß, die ihre Freundschaft ganz auf Gott übertragen haben, in dessen Anblick versunken sie miteinander eins geworden sind. Somit ist das Fundament der Freundschaft die Liebe Gottes.