Heilige Woche

Karsamstag

Heilige Schrift
Da es Rüsttag war, der Tag vor dem Sabbat, und es schon Abend wurde, ging Josef von Arimathäa, ein vornehmes Mitglied es Hohen Rats, der auch auf das Reich Gottes wartete, zu Pilatus und wagte es, um den Leichnam Jesu zu bitten. Pilatus war überrascht, als er hörte, dass Jesus schon tot sei. Er ließ den Hauptmann kommen und fragte ihn, ob Jesus bereits gestorben sei. Als er es vom Hauptmann erfahren hatte, überließ er Josef den Leichnam. (Mk 15,42-45)

Ein römischer Hauptmann und einige Frauen wurden als Zeugen von Jesu Tod genannt. Dieser Hauptmann steht als Beispiel für all jene, die an Jesu Tod nicht irrewerden, sondern denen dieser Tod ein Zeichen ist für das neue Leben. Es mag ungewöhnlich erscheinen. Ein Prediger und Wunderheiler, als Gotteslästerer am Kreuz hingerichtet, der kann doch nur ein Betrüger gewesen sein. Doch bereits in Jesu Todesstunde ereignet sich Ungewöhnliches. Schon bei Jesu Tod wird spürbar, dass hier kein Betrüger und Gotteslästerer die vermeintlich gerechte Strafe erfährt, sondern dass hier der König der Welt und Herr über Leben und Tod selbst in den Tod geht.
Der Hauptmann erkennt das Besondere an dieser Situation. Für ihn ist Jesu Tod nicht Anlass zum Zweifel, sondern ein Zeichen für den Glauben. Auch für Pilatus war Jesu Hinrichtung kein gewöhnliches Ereignis, auch er hat das Besondere an Jesus gespürt, er wunderte sich, dass Jesus so schnell tot war, befragte dazu extra noch den Hauptmann als Zeugen, aber damit ist die Angelegenheit für ihn erledigt. Andere Themen stehen nun auf der Tagesordnung.
Pilatus und der Hauptmann, zwei Wege, um mit Jesu Tod umzugehen. Was beschäftigt mich, wenn ich an Jesu Tod denke? Kann ich dieses Ereignis einfach mit einem Schulterzucken abtun und zum Tagesgeschäft übergehen? Ach dieser Jesus, er mag ein besonderer Mensch gewesen sein, aber jetzt ist er tot, schade, aber was kümmert mich das weiter ... Oder wird Jesu Tod für mich Anlass, mein Leben zu verändern, weil dieser Tod die Welt verändert hat?

Heute umschließt ein Grab den,
der mit seiner Hand die Schöpfung umschließt;
es bedeckt ein Stein den,
der die Himmel mit Glanz bedeckt,
es schläft das Leben und der Hades erbebt,
und Adam wird von den Fesseln befreit.
Ehre sei deiner Heilstat, durch die du alles vollendet
und die ewige Sabbatfeier und geschenkt hast,
da du Gott bist,
durch deine allheilige Auferstehung von den Toten.
(Gebet der Ostkirche)
Josef kaufte ein Leinentuch, nahm Jesus vom Kreuz, wickelte ihn in das Tuch und legte ihn in ein Grab, das in einen Felsen gehauen war. Dann wälzte er einen Stein vor den Eingang des Grabes. Maria aus Magdala aber und Maria, die Mutter des Joses, beobachteten, wohin er gelegt wurde. (Mk 15,46-47)

Durch das Zeugnis des Hauptmanns vor Pilatus wurde der Tod Jesu amtlich beglaubigt. Während die Jünger Jesu geflohen sind, ist Josef von Arimathäa der erste, der sich zu Jesu bekennt, indem er vor Pilatus um den Leichnam Jesu bittet. Das einzige, das er nun für Jesus tun kann, ist ihm ein würdiges Begräbnis zu bereiten. Die Frauen, die bereits unter dem Kreuz gestanden sind, beobachten was geschieht. Auch sie haben ihre Pläne, um Jesus ein würdiges Begräbnis zu bereiten, doch darauf müssen sie sich vorbereiten und dabei die vorgeschriebene Sabbatruhe abwarten. Nach Jesu Grablegung kommt es also erstmal zu einem Tag der Ruhe, bis die Ereignisse des Ostermorgens ein ganz anderes Licht auf dieses Ereignis werfen werden.

Um das Grab Jesu herrschte tiefe Ruhe. Sie glich der Ruhe jenes siebten Tages, an dem Gott, nachdem er sein Schöpfungswerk vollendet hatte, ruhte. ...
Am siebten Tag der Woche unserer Erlösung, an dem Jesus seine Aufgabe, zu der ihn sein Vater ausgesandt hatte, ganz erfüllt hatte, ruhte er im Grab. ...
Von allen Tagen der Weltgeschichte ist der Karsamstag der Tag des größten Alleinseins Gottes. Es ist der Tag, an dem keine Worte gesprochen werden und nichts erklärt wird. ...
Dieser Karsamstag ist der stillste aller Tage. Seine Stille verbindet den ersten Bund mit dem zweiten, das Volk Israel mit der Welt. ... (Henri Nouwen)
Karsamstag
Sie hüllen den Leib des Herrn in linnene Tücher und legen ihn in das Grab des Joseph von Arimathäa. Dann fügen sie die schwere Platte in die Öffnung und gehen traurig heim.
Nun ist alles still. Wir atmen auf, dass die schreckliche Not endlich vorüber ist. Ein tiefer Friede liegt um das einsame Grab. Es ist der Friede der Vollendung. Der drinnen schläft, hat mit göttlicher Treue alles zu Ende gebracht, was der Vater ihm aufgetragen hat. Nun ruht er von seinem Werk. Und es ist uns, als wetterleuchte schon die nahende Osterherrlichkeit um den stillen Ort.

So schreibt Romano Guardini zur letzten Station des Kreuzwegs und er fängt damit die Stimmung dieses großen Sabbattages ein. Gott ruht von seinem Werk. Wie Gott nach den sechs Tagen der Schöpfung am siebten Tage ruhte, so ruht der Heiland nach dem Werk der Neuschöpfung. Sechs Tage hat er in Jerusalem verbracht. Sechs Tage währte sein Königtum in dieser Stadt von seiner Ausrufung zum König am Palmsonntag bis zu seiner Hinrichtung als König der Juden.

Grabesruhe liegt bis heute über diesem Tag, an dem Gott in das Reich des Todes hinabstieg. Gott ist tot! So lautet der Ruf der Atheisten. Doch was geschieht, wenn Gott, der selbst von sich sagt, dass er das Leben ist, Leben in Fülle, sich in den Tod begibt? Hinter dem Stein des Grabes geschieht das Unfassbare, das den Augen der Menschen verborgen bleibt. Was das Glaubensbekenntnis mit der kurzen Formel "hinabgestiegen in das Reich des Todes" benennt, wird mancherorts in ausdrucksstarken Bildern dargestellt. So schreibt im 4. Jahrhundert Aphrahat, der persische Weise:

Er betrat die Unterwelt und führte die Gefesselten heraus. Mit dem Bösen kämpfte er, bezwang ihn und trat ihn nieder, durchbrach seine Bahnen und plünderte seinen Besitz; er zerbrach seine Pforten und riss seine Riegel ab. ... Er ließ die Gefangenen frei aus der verschlossenen Grube.

Der tote Gott überwindet den Tod und lässt das Leben machtvoll triumphieren. Wenn wir heute in Stille am Grab Christi beten, dürfen wir auch an das denken, was hinter dem Stein des Grabes geschieht. Bischof Reinhold Stecher schreibt:

Vor diesem Stein verlöschen alle Seufzer, alles Weinen wird still, alle Not hat ein Ende. Das Frühere ist nicht mehr, spricht es aus dem Grab. Und: Seht ich habe die Welt überwunden. Hinter dem großen Stein, zu dem jeder am Ende kommt, gibt es keine Bitterkeit mehr, wenn du an mich glaubst und an das Geheimnis meines Grabes, sagt der Herr. Ich teile dieses Geheimnis mit euch allen. Ich habe nie daran gedacht, Auferstehung für Mich allein zu feiern, sondern doch nur mit euch! Mit allen, die im Herzen die Liebe nicht verschüttet haben, feiere Ich Auferstehung, sagt Christus. Ich habe am Kreuz meine Arme viel weiter ausgespannt, als die Frömmsten unter euch zu denken wagen!

So durchzieht der Sabbat der Neuschöpfung die ganze Menschheitsgeschichte. Von nun an braucht der Mensch den Weg durch den Tod nicht mehr alleine gehen, denn auch an der Schwelle des Todes wartet Gott auf ihn. Der Tod hat seinen Schrecken verloren, denn Gott will uns durch den Tod ins neue Leben führen.

Das göttliche Schweigen ist das fruchtbarste Schweigen, das die Welt je gekannt hat. Aus diesem Schweigen heraus wird das Wort neu gesprochen werden und alle Dinge neu machen.
Über Gottes Ruhen in Schweigen und Alleinsein müssen wir noch viel lernen. Es ist eine Ruhe, die etwas ganz anderes als Nichtstun ist, wenngleich sie darin zum Ausdruck kommen kann. Die Ruhe Gottes ist eine tiefe Ruhe des Herzens, die sogar fortdauern kann, wenn man von den Mächten des Todes umgeben ist. Es ist die Ruhe, die uns die Hoffnung bietet, dass unser verborgenes, oft unsichtbares Dasein fruchtbar werden wird, selbst wenn wir nicht sagen können, wie und wann. ...
Was immer wir in unserem Leben unternehmen oder unterlassen: Immer müssen wir mit der Ruhe des Karsamstags in Verbindung bleiben, mit der Ruhe dieses Tages, an dem Jesus im Grab lag und die gesamte Schöpfung darauf wartete, dass alle Dinge neu würden. (Henri Nouwen)

Heilige Schrift
Dich, der sich umkleidet
mit Licht wie mit einem Gewand
nimmt Josef vom Kreuz
mit Nikodemus Hand in Hand.

Er sieht den König der Welt
toten Leibes und nackt
die Glieder mit Blut getränkt
und mit Elend bepackt.

Er stimmt die Klage an
und unter Tränen er spricht
O liebster Jesu mein,
vor dir verhüll ich mein Gesicht.

Für mich nahmst du hin
des Kreuzes Pein.
So kann ich nur stille stehn
und dein Diener sein.

Das edle Haupt
mit Dornen gekrönt
den Menschen zugeneigt
vom Menschen mit Spott verhöhnt

Mir bist du teuer und lieb
und ich zeig dir die Liebe mein
indem ich dich bette im Grab
und dich hülle in reinstes Leinen ein.

Vor Kurzem noch
ging der Sonne Glanz
hin zu deinem Gesicht
mit dem Dornenkranz

Alle Welt hat dich hängen sehn
am verfluchten Holz
das nun Segen birgt
Dies Holz ist mein Stolz

Ich sah den Schmerz aller Welt
in dir geballt
verdichtet im Leiden
deiner Gestalt.

Nun ist es vollbracht
und die kommende Nacht
wird nie mehr so finster sein
wie vor deiner Pein.

Kein Leid wir mehr herrschen
und auch nicht der Tod
denn hast durchschritten
all unsere Not.

Es strahlt schon der Glanz
aus dem Grabe hervor
denn weit wird sich öffnen
der Herrlichkeit Tor.

Und himmlisches Licht
bricht herein in unsere Zeit
das nie mehr vergeht
so lange der Mensch auf Erden weilt.

Mein Herr ich schaue auf dich
ich besinge dein Leid
und berühre mit meinen Händen
deinen makellosen Leib.

Ich besinge dein Grab
und besing auch dein Auferstehn
und ich schreite voran
um dich lebend zu sehn

und lebend bei dir zu sein
in dem Reich das den Tod nicht mehr kennt
deinen Ruhm zu singen ohne End:
Herr, Ehre sei dir!