
Die enge Tür
Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden?
Diese Frage aus dem heutigen Evangelium lässt Jesus bewusst offen. Für den Eintritt in das Himmelreich gibt es keine Garantie, die aus der Zugehörigkeit zu einer gewissen Sekte oder dergleichen stammt, die meinen, die Zahl der Geretteten genau zu wissen. Auch einfach zu sagen: "Wir waren ja dabei ..." ist noch keine Eintrittskarte in den Himmel.
Stattdessen richtet Jesus eine eindringliche Mahnung an alle:
Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen!
Mit diesen Worten macht Jesus deutlich, wie sehr der persönliche Einsatz jedes Einzelnen gefragt ist.
Die enge Pforte bezeichnet die Schwierigkeiten, welche die Heiligen in Geduld ertragen.
So sagt Cyrill von Alexandrien. Und Beda Venerabilis schreibt:
Viele werden danach streben, hineinzukommen, weil sie nach dem Heil verlangen, aber sie werde es nicht vermögen, weil sie vor der Härte dieses Weges zurückschrecken.
Das Hindernis der engen Tür besteht nicht darin, dass man deshalb nicht hindurch kommt, weil sich viele Menschen hindurch drängen und man sich etwa mit der Ellenbogentaktik den Weg freiräumen müsste.
Das Hindernis ist in jedem Einzelnen. Der Weg durch die enge Tür ist schwer, weil es gilt, den inneren Schweinehund zu überwinden, der das Einfache und Bequeme sucht. Klein macht sich auch der Demütige, der bereit ist, anderen Menschen zu dienen und nicht in seiner Überheblichkeit auf andere herabschaut. Dann wird sich zeigen, wer auf die richtige Weise Stärke und Ausdauer trainiert hat, um den Weg durch die enge Tür gehen zu können.

Dann werden manche von den Letzten die Ersten sein und manche von den Ersten die Letzten.
Viele, die zuerst begeistert sind, erlahmen später, viele, die zuerst kalt sind, beginnen plötzlich zu brennen. Viele, die in dieser Welt verachtet werden, werden in der kommenden Welt Herrlichkeit und Ehre empfangen, und andere, die bei den Menschen in hohen Ehren stehen, werden am Ende verurteilt werden müssen.
Beda Venerabilis
Ihr habt im Kampf gegen die Sünde noch nicht bis aufs Blut Widerstand geleistet und ihr habt die Mahnung vergessen, die euch als Söhne anredet: Mein Sohn, verachte nicht die Zucht des Herrn, verzage nicht, wenn er dich zurechtweist.
Darum macht die erschlafften Hände wieder stark und die wankenden Knie wieder fest und ebnet die Wege für eure Füße, damit die lahmen Glieder nicht ausgerenkt, sondern geheilt werden. (Hebr 12,4-5.12-13)
Die Lesung aus dem Hebräerbrief nimmt die Mahnung Jesu im heutigen Evangelium auf. Johannes Chrysostomus sagt dazu:
Diejenigen, welche bittere Arzneien einnehmen, haben anfangs eine gewisse Abneigung dagegen, dann aber merken sie deren Zuträglichkeit. Ähnlich verhält es sich mit der Tugend, und ebenso mit dem Laster. Hier ist zuerst Wonne, dann Trauer, dort zuerst Unbehagen, dann Freude. Aber es besteht keine volle Gleichheit, denn es ist ein Unterschied, zuerst Leid und dann Freude, oder zuerst Freude und dann Leid zu haben. Wieso? Hier verringert die Furcht vor der zukünftigen Trauer das gegenwärtige Vergnügen, dort aber mildert die Hoffnung auf die künftige Freude die Heftigkeit des gegenwärtigen Schmerzes, so dass in dem einen Fall niemals Vergnügen, in dem andern niemals Schmerz stattfindet. Allein nicht nur in dieser, sondern auch in einer andern Beziehung zeigt sich ein Unterschied. Wie denn? Auch in Betreff der Zeit besteht keine Gleichheit, denn die geistigen Freuden sind nicht nur größer, sondern auch andauernder. ...
Er spricht zu ihnen wie zu Wettrennern und Faustkämpfern und Streitern. Siehst du, wie er sie bewaffnet, wie er sie emporhebt? Er spricht diese Worte in Bezug auf ihre Gesinnungen, denn wenn die Züchtigung aus der Liebe stammt, wenn sie aus der Fürsorge ihr Entstehen hat, warum erschlafft ihr dann? Denn so machen es diejenigen, welche verzweifeln und durch keine Hoffnung auf die zukünftigen Güter gestärkt werden. Macht, sagt er, gerade Tritte, damit die Lahmheit nicht fortbesteht, sondern der frühere Zustand wieder eintritt; denn wer mit einer Lähmung läuft, macht das Übel noch ärger. Siehst du, dass die volle Heilung in unserer Macht liegt?

Gottes Zeichen
Am Ende des Jesajabuches kommt noch einmal die Sehnsucht nach einem Heil für die ganze Welt zum Ausdruck, das von Jerusalem ausgeht. In der Zeit des Rückkehrs aus dem Exil in Babylon, in die hinein der Prophet diese Worte spricht, liegt Jerusalem noch darnieder. Die Stadt ist zerstört, der Wiederaufbau mühsam und von allen Seiten bedroht. Der Prophet will den Leuten Mut machen: Was ihr jetzt mühsam aus Trümmern aufbaut, wird wieder eine große Stadt werden, ein leuchtendes Zeichen unter den Völkern.
Gott hat sein Zeichen aufgestellt, die Worte des Propheten sind in Erfüllung gegangen. In Jerusalem hat Gott das Zeichen des Kreuzes aufgestellt, an dem Jesus Christus, Gottes Sohn, gestorben ist. Fortan leuchtet dieses Zeichen über die ganze Welt und ruft alle Völker in die Gemeinschaft des Heils mit Gott.
Ein Wanderer begegnet einem Bergbauern, der hinter seiner Hütte hantiert. Der Wanderer fragt: "Wie viel Zeit brauche ich noch bis zum Gipfel?" Der Bauer schaut kaum auf und antwortet kurz: "Losmarschieren!" Der Wanderer sagt nichts mehr und beginnt zu steigen. Er ist noch in Rufweite, als er laut, kurz und knapp Bescheid bekommt: "Zweieinhalb Stunden!" Auf den erstaunten Blick des Wanderers hin ruft der Bauer noch: "Ich musste zuerst Ihr Tempo kennen."