
Seht ich mache alles neu
Diese Worte des Propheten dürfen uns zuversichtlich stimmen. Gott ist es, der uns unverdienterweise immer wieder die Versöhnung anbietet, wenn wir uns von ihm abgewandt haben. Er ist bereit, unsere Sünden zu vergessen, wenn wir von ganzem Herzen uns ihm wieder zuwenden.
Angesichts dessen gilt es für uns, zwei Fehler zu vermeiden. Der eine Fehler besteht darin, dass wir Gott nicht zutrauen, dass er uns vergibt. Da sind Menschen, die von ganzem Herzen ihre Sünden bereuen, beichten und sich bemühen, das was sie an Schlechtem getan haben, soweit es in ihren Kräften steht wieder gutzumachen, aber dennoch daran zweifeln, dass Gott ihnen vergeben könnte. Ihnen ruft Gott durch den Propheten zu: denkt nicht mehr an das, was früher war!
Leicht lassen wir uns aber auch zu einem anderen Fehler verführen indem wir denken: ich kann ja zur Beichte gehen, da muss ich mir jetzt keine Mühe geben und kann diese Sünde begehen. Wir sollten nicht leichtfertig mit der Barmherzigkeit Gottes umgehen. Wir können zwar immer wieder umkehren, aber dennoch erwartet Gott von uns, dass wir dann als bekehrte Menschen leben. Das Neue, das Gott macht, besteht nach den Worten des Propheten darin, dass das Volk seinen Ruhm verkündet. Und was ist das anderes als ein Leben nach seinem Willen?
Das Evangelium kann uns helfen, dies tiefer zu verstehen. Durch die Hilfe von Freunden kommt der Gelähmte zu Jesus. Er braucht nichts zu tun, für Jesus genügt sogar, dass er den Glauben der Freunde sieht. Bevor er sein äußeres Leiden heilt sagt Jesus: Deine Sünden sind dir vergeben. Jesus möchte, dass wir das Leben in Fülle haben und dabei ist das Entscheidende, dass unser Inneres, das unser Menschsein ausmacht, gesund ist. Gott möchte alles, mit dem wir uns selber im Weg stehen, was uns hindert, auf unsere Mitmenschen zuzugehen und was vor allem auch zwischen uns und Gott steht, von uns nehmen. Dies ist eben die Sünde und ihre Folgen. Lassen wir Gott diese Befreiung an uns wirken. Nur so können wir als erlöste Menschen leben.
Gott kann auch die äußere Gesundheit schenken, aber dennoch bleibt Krankheit im Leben des Menschen nicht aus. Wenn wir aber im Innern gesund und mit Gott verbunden sind, können wir diese Leiden mit ihm vielleicht leichter ertragen.

Was ist leichter?
Was ist leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: Deine Sünden sind dir vergeben! oder zu sagen: Steh auf, nimm deine Tragbahre, und geh umher!
Für uns, denke ich, ist beides gleich schwer. Keiner von uns würde es sich zutrauen, nur durch sein Wort einen Gelähmten zu heilen und keiner wird es sich anmaßen, einem anderen in seinem Namen die Sünden zu vergeben.
Als Anmaßung haben auch die Schriftgelehrten das Verhalten Jesu empfunden. Zur Sündenvergebung bedarf es einer Vollmacht. Diese Vollmacht hat letztlich nur Gott. Wenn Jesus Sünden vergibt, stellt er sich damit Gott gleich. Das war für die Schriftgelehrten damals ein unvorstellbares Verhalten. Wir aber glauben, dass Jesus der Sohn Gottes ist und die Vollmacht hat, Sünden zu vergeben. Diese Vollmacht hat er weitergegeben an die Kirche, an die Priester, die auch heute noch im Namen Jesu die Sünden vergeben.
Der Bericht von der Heilung des Gelähmten ist sehr spannend. Da bringen vier Männer einen Gelähmten, wollen unbedingt zu Jesus, doch sie kommen nicht zu ihm, weil einfach zu viele Leute sein Haus belagern. Doch sie geben nicht auf. Sie finden eine Lösung. Sie decken einfach das Dach ab und lassen den Gelähmten direkt vor die Füße Jesu herunter.
Kennen sie das, wenn man etwas wirklich will, wenn man sich von nichts und niemand von etwas abbringen lassen will und voll und ganz überzeugt ist, dass man das richtige tut und irgendwie weiß, dass es auch gelingen wird? So ähnlich muß es da gewesen sein. Als Jesus ihren Glauben sah ... heißt es. Sie haben nicht an ihrem Erfolg gezweifelt, ihren kranken Freund zu Jesus bringen zu können. Sie haben nicht daran gezweifelt, dass Jesus ihn heilen wird.
Doch was passiert? Anstatt den Gelähmten zu heilen sagt Jesus zu ihm: Deine Sünden sind dir vergeben. Und es passiert scheinbar erstmal garnichts. Was mögen sich die vier Freunde des Gelähmten gedacht haben? Was die umherstehende Menge? Gedacht haben sich die Schriftgelehrten etwas und Jesus hat ihre Gedanken erkannt. Er spricht sie direkt darauf an.
Was ist leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: Deine Sünden sind dir vergeben! oder zu sagen: Steh auf, nimm deine Tragbahre, und geh umher!
Eine äußerliche Heilung ist sicher publikumswirksamer, weil ihr Erfolg direkt sichtbar ist, die Vergebung der Sünden aber ist auf den ersten Blick nicht sichtbar. Hätte Jesus den Gelähmten einfach nur geheilt, wären wohl alle zufrieden gewesen, die vier Freunde des Gelähmten hätten erreicht, was sie wollten und die Menge hätte ein weiteres Wunder Jesu miterlebt.
Doch Jesus geht nicht den leichteren Weg. Er will den Menschen zeigen, dass es nicht nur auf das äußerlich sichtbare ankommt. Es ist nicht genug, einen Menschen nur äußerlich heil zu machen und es ist nicht genug, in Jesus nur den frommen Wunderheiler zu sehen. Jesus ist der Sohn Gottes, er ist selbst Gott und wenn er einen Menschen heilt, dann heilt er ihn ganz.

Der Anspruch Jesu, Gott zu sein und Sünden vergeben zu können hat Konsequenzen für ihn. Sünden kann nur Gott vergeben. Kein Mensch kann sich selbst und andere von den Sünden erlösen. Wir sind erlöst, weil in Jesus Gott selbst unsere Sünden auf sich genommen hat und sie getragen hat an das Holz des Kreuzes. Der Anspruch Jesu, Sünden zu vergeben, führt zu seinem Tod am Kreuz und gerade sein Tod am Kreuz ist es, durch den er uns Menschen von unseren Sünden erlöst hat.
Jesus geht es um den ganzen Menschen. Die Vergebung der Sünden ist schwerer als die körperliche Heilung, weil sie den beschwerlichen Weg Jesu ans Kreuz zur Folge hat. Doch Jesus hat diesen beschwerlicheren Weg gewählt und dadurch nicht nur einen Menschen körperlich geheilt, sondern uns allen das Heil gebracht. Jesus ist den beschwerlichen Weg bis ans Kreuz gegangen für die Erlösung aller Menschen. Er ist ihn gegangen auch für uns Menschen hier und heute.
Wenn wir uns dessen bewusst werden, was es bedeutet, dass Jesus wahrer Gott und wahrer Mensch ist und wenn wir glauben, dass er uns erlöst hat, dass er uns ganz heil machen kann, dann dürfen auch wir wie die Leute damals ins Staunen kommen: So etwas haben wir noch nie gesehen.
"Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!" (Mk 2,5)
Sünde ist das, was einen Menschen lähmt,
sie steht zwischen ihm und seinen Mitmenschen,
zwischen ihm und seinem Gott.
Die Sünde hält den Menschen in sich gefangen
und stört seine Beziehungen nach außen.
Sünde ist der Schatten über dem Licht der Liebe.
Die Befreiung von der Sünde befreit den Menschen aus seinem Kerker
und lässt das Licht der Liebe wieder neu zu ihm dringen.
Erlösung macht frei für Begegnung mit Gott und dem Mitmenschen.
Jesus schenkt uns diese Befreiung, er spricht uns die Erlösung zu -
kostenlos und unverdient.
Er wartet auf uns, dass wir zu ihm kommen -
vielleicht auch über manche Umwege und über Hindernisse hinweg.
Er sehnt sich danach, uns das Wort der Erlösung zu sagen:
"Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben."