Die Heiligen

6.12. Nikolaus v. Myra

Hl. Nikolaus

Nikolaus von Myra
ca. 280-350
Bischof

Hl. Nikolaus
Auf Erden hast du gestrahlt durch den Glanz der Wunder, weiser Nikolaus, du bringst jede Zunge dazu, den zu rühmen und zu preisen, der dich auf Erden schon mit Ruhm bedacht.
Tritt bei ihm dafür ein, dass er von aller Not errette, die in Glauben und Liebe dein Andenken feiern, du Auserwählter unter den Vätern.

So beten wir zum heiligen Nikolaus, der zusammen mit dem heiligen Martin zu den ersten in der Kirche verehrten Heiligen gehört, die nicht als Märtyrer gestorben sind. Beide sind wegen ihres gottgefälligen und menschenfreundlichen Lebens bis heute bei den Menschen beliebt. Beide haben ihren festen Platz in der vorweihnachtlichen Zeit und deshalb kennt sie auch heute noch fast jedes Kind, auch wenn das Wissen um das Leben der Heiligen immer mehr schwindet und das Bild des Hl. Nikolaus mittlerweile sehr entstellt ist, da er oft mehr einem amerikanisierten Weihnachtsmann als einem katholischen Bischof gleicht.
Wer war dieser große Heilige, dem sowohl in den Kirchen des Ostens als auch in denen des Westens so große Verehrung zuteil wird? Historisch gesehen gibt es nur wenige gesicherte Daten. Nicht einmal seine Lebenszeit lässt sich genau angeben. Nikolaus wurde um 280/86 geboren und lebte in Myra in Lykien, einer damals bedeutenden Hafenstadt. Heute heißt die Stadt Demre und liegt an der südlichen Mittelmeerküste der Türkei. Nikolaus starb dort wahrscheinlich zwischen 345 und 351. An dem Konzil von Nikaia im Jahre 325 hat ein Bischof Nikolaus teilgenommen. Dabei könnte es sich um Nikolaus von Myra handeln. Im 11. Jahrhundert, als die ehemals christlichen Gegenden am östlichen Mittelmeer immer mehr vom Islam beherrscht wurden, raubten Kaufleute die Gebeine des Heiligen Nikolaus und brachten sie in das italienische Bari, wo sie bis heute verehrt werden.

Hl. Nikolaus

Nikolaus stammte aus reichem Hause, doch er wollte sein Vermögen um Christi Willen an die Armen verteilen. Die erste Legende, die von ihm erzählt wird, ist die von seinem Geschenk an die drei Töchter eines armen Familienvaters. Dieser wollte seine drei Töchter der Schande preisgeben, damit sie sich so ihre Mitgift verdienten. Doch Nikolaus warf heimlich bei Nacht einen Klumpen Gold in das Zimmer der Mädchen. So konnte die Älteste heiraten. Bald folgte ein zweiter Goldklumpen für die mittlere Tochter. Nun legte sich der Vater auf die Lauer und als Nikolaus schließlich noch Gold für die Jüngste brachte, wurde er erkannt. Der Vater dankte ihm mit Tränen dafür, dass er seine Töchter vor der Schande bewahrt und sie so reich beschenkt hat.
Der Heilige Nikolaus ist durch alle Zeiten hindurch ein Helfer in der Not geblieben und bis heute rufen wir zu ihm:

Dich rufen wir, Sankt Nikolaus! Auf Erden geht die Not nicht aus. Du weißt es wie kein andrer. Geh um, geh um, du gütger Wandrer.

Als der alte Bischof von Myra starb, wurde Nikolaus zum Bischof dieser Stadt gewählt. Da kam es zu einer Ereignis, das oft auch einfach als "die Tat des hl. Nikolaus" bezeichnet wird:
Unter Kaiser Konstantin wurde eine Abteilung Soldaten unter den Offizieren Nepotian, Urs und Herpylion entsandt, um in einer Provinz Unruhen beizulegen. Sie sind mit dem Schiff unterwegs und müssen wegen ungünstiger Winde in Andriake, dem Hafen des antiken Myra, vor Anker gehen. Die Soldaten beginnen, die Dörfer in der Umgebung zu plündern, Unruhen brachen aus und Nikolaus eilt von Myra nach Andriake hinab, um für Ordnung zu sorgen.
Seine Abwesenheit von Myra nutzen einige Leute, um unliebsame Personen loszuwerden. Der Provinzverwalter lässt sich bestechen und schon ist das Todesurteil ausgesprochen, als Nikolaus mit den drei Offizieren aus Andriake zurückkehrt. Schon von weitem kommen ihm entsetzte Bürger entgegen, um von dem himmelschreienden Unrecht zu berichten.
Nikolaus eilt sofort zum Richtplatz. Er findet "die Verurteilten schon kniend, ihr Augen verbunden und das Schwert erhoben in der Hand des Henkers." Er ruft:

Ich bin bereit, anstelle jener zu sterben!

Nikolaus steht neben den Verurteilten, aber keiner wagt es, Hand an den großen Bischof zu legen. Nun stellt Nikolaus den Verantwortlichen für dieses Unrecht zur Rede. Der Provinzverwalter will zunächst alle Schuld von sich weisen, doch als Nikolaus nicht locker lässt, gesteht er schließlich, dass er sich hat bestechen lassen. Die drei Offiziere staunen über das mutige Verhalten des Bischofs, der auch dem Vertreter des Kaisers offen seine Meinung zu sagen wagt.

Hl. Nikolaus

Das allein wäre nun schon eine große Tat, die es wert ist, durch die Jahrhunderte überliefert zu werden, doch die Geschichte geht noch weiter. Die drei Offiziere führten mit ihren Soldaten den Auftrag des Kaisers erfolgreich aus und wurden dafür vom Kaiser persönlich ausgezeichnet. Doch einige Neider zeigten sie als Verräter an und erreichten durch Bestechung, dass die drei Offiziere verurteilt wurden.
Die drei Offiziere erinnerten sich an das, was damals in Myra geschehen ist. Nun sind sie die unschuldig Verurteilten und sie rufen zu Nikolaus. Noch in derselben Nacht hat der Kaiser einen beunruhigenden Traum. Ein Bischof erscheint ihm und fordert ihn auf, die drei Offiziere freizulassen. Sofort am nächsten Morgen will der Kaiser die Angelegenheit klären. Schließlich stellt sich heraus, dass die Offiziere unschuldig sind. Der Kaiser ist beeindruckt von der Heiligkeit des Bischofs Nikolaus und schickt die drei Offiziere mit reichen Geschenken nach Myra. Nikolaus aber nahm die Geschenke nicht an, sondern lobte Gott, der durch seine Diener so Großes zu vollbringen vermag.

Der Ruf der Heiligkeit des Bischofs von Myra verbreitete sich rasch und schon zu seinen Lebzeiten riefen viele Nikolaus um Hilfe an. Das Wohl der Stadt lag ihm sehr am Herzen. Als einmal eine große Hungersnot herrschte, legten kaiserliche Kornschiffe im Hafen an. Doch die Kaufleute waren nicht bereit, den hungernden Menschen von der kostbaren Ladung abzugeben, weil sie den Zorn des Kaisers fürchteten. Da versicherte ihnen Bischof Nikolaus: "Gebt uns von jedem Schiff nur hundert Maß Weizen und ich schwöre euch bei der Kraft Gottes, dass der kaiserliche Kornmesser keinen Verlust feststellen wird." So kam es dann auch. Obwohl sie Nikolaus Korn gegeben hatten, war bei ihrer Ankunft kein Maß Korn zu wenig an Bord. Die Stadt und das Umland aber hatten für zwei Jahre genügend zu Essen und es blieb sogar noch Korn zur Aussaat übrig.
Eines Tages gerieten Seeleute in einen heftigen Sturm und sahen schon ihr Ende kommen. Da besannen sie sich und riefen Nikolaus um Hilfe an: "Nikolaus, du Knecht Gottes, wenn es wahr ist, was man über dich erzählt, dann lass uns deine Hilfe erfahren." Sie kamen heil durch den Sturm und dankten Gott und dem Heiligen für die Rettung. Nikolaus aber sagte zu ihnen: "Nicht ich, sondern euer Glaube und die Gnade Gottes haben euch geholfen!"

Nicht ich, sondern euer Glaube und die Gnade Gottes haben euch geholfen!

Dieses Wort, das die Legende dem Heiligen in den Mund legt, lohnt es näher zu betrachten. Das Vertrauen auf die Hilfe des Heiligen gibt den Menschen Mut und Zuversicht. Es gibt ihnen die Hoffnung auf Rettung und somit die Kraft, sich noch einmal gegen die Gewalt des Unheils zu wehren. Somit wird deutlich, wie eng menschliches Handeln und göttliche Gnade verflochten sind. Wenn wir von etwas überzeugt sind, haben wir weit mehr Erfolg, als wenn wir etwas nur halbherzig angehen. Aber um von etwas überzeugt zu sein, braucht es ein Beispiel, an das wir uns halten können. Die Heiligkeit des Bischofs von Myra gab den Seeleuten Hoffnung und so fanden sie die Kraft, sich noch einmal mit letzter Kraft gegen den Sturm zu wehren.
Heilige sind Menschen, die in einer ganz besonderen Beziehung zu Gott stehen. Ihre Heiligkeit haben sie aber nicht allein für sich, sondern sie sind ein Segen für die Menschen um sie herum. Nikolaus war ein Segen für Myra. Durch seine tatkräftige Hilfe, die er im Vertrauen auf Gottes Gnade leistete, hat er vielen Gutes getan. Wir denken heute noch an all dieses Gute, indem wir uns am Nikolausabend kleine Geschenke machen.
Wie tief die Verehrung des Heiligen Nikolaus im Herzen des Volkes verwurzelt ist, macht eine russische Legende deutlich: Der Heilige Nikolaus und der Heilige Cassian steigen hinab auf die russische Erde, um zu sehen, wie das Volk Christus ehrt. Es ist Frühjahr und sie begegnen einem Bauer, der mit großer Mühe versucht, die schlammige Erde zu pflügen. Sofort nimmt Nikolaus dem armen Bauern den Pflug aus der Hand und setzt ihn nicht eher wieder ab, bis das ganze Feld gepflügt ist.
Die Leute aus dem Dorf staunen über das, was da geschieht. Nikolaus aber sagt zu ihnen: "Als ich die Not dieses Mannes sah, da musste mein gütiges Herz helfen. Schreitet die Güte wie ein Engel durch eure Häuser und über eure Äcker, dann geht alles besser und schneller. Also helft euch untereinander und seid gütig und Gottes Hilfe wird immer bei euch sein."
Der Heilige Cassian aber steht die ganze Zeit unwillig daneben und rümpft die Nase, da Nikolaus bei der Arbeit sein glänzendes Himmelsgewand total beschmutzt und verschlissen hat. Er schämt sich, weiter mit Nikolaus zu ziehen, der in seinen Augen aussieht wie ein Vagabund. Zurück an Gottes Thron sagt er: "Mit Nikolaus geh ich nie mehr auf die Erde. Schaut ihn euch nur an! Allen will er helfen und achtet dabei nicht auf sein strahlendes Himmelsgewand." Gott aber lobt die gute Tat des Heiligen Nikolaus. Zu seiner Ehre bekommt er im russischen Kalender zwei Gedenktage zugewiesen: den 6. Dezember und den 9. Mai. Cassian aber soll nur alle vier Jahre am 29. Februar seinen Festtag haben.

Schreitet die Güte wie ein Engel durch eure Häuser und über eure Äcker, dann geht alles besser und schneller. Also helft euch untereinander und seid gütig und Gottes Hilfe wird immer bei euch sein.

Gemeinsam geht alles leichter. Nikolaus gibt ein lebendiges Beispiel dafür, dass derjenige, der schenkt und mit anderen teilt nicht ärmer wird, sondern sich auch selbst als Beschenkter erfahren darf. Das Beispiel des Heiligen Nikolaus stellt auch an unser Leben immer neu die Frage, ob wir gütig zu anderen Menschen sind. Auch heute noch dürfen wir Nikolaus um seine Hilfe anrufen und auf seinen Beistand in allen Nöten vertrauen.