Die Heiligen

23.7. Prophet Ezechiel

Ezechiel

Ezechiel
ca. 622-571 v.Chr.
Prophet

Ezechiel

Ezechiel (Namensform nach Luther: Hesekiel) gehört zu den großen Propheten des Alten Testaments. Sein Name bedeutet „Gott möge kräftigen“. Er stammte aus einer priesterlichen Familie und war selbst Priester. Er gehörte zu den Israeliten, die im Jahr 597 zusammen mit König Jojachin von Nebukadnezzar in die Verbannung nach Babylon geführt wurden.
Unter König Nebukadnezzar hatten die Neubabylonier im Jahr 605 nach der Schlacht von Karkemisch die Vorherrschaft über Syrien und Palästina errungen. Auch das Königreich Juda stand nun unter der Herrschaft der Neubabylonier. Jedoch kündigte der judäische König Jojakim (609-598) um das Jahr 601 das Vasallenverhältnis auf. Das führte 598/7 zu einem Gegenschlag Nebukadnezzars. Unter Jojachin, der 597 nach dem Tod seines Vaters König von Juda wurde, kapitulierte Jerusalem. Jojachin wurde zusammen mit der königlichen Familie und einem Teil der Oberschicht ins Exil nach Babylon geführt.
Juda bestand als Vasallenstaat fort und Zidkija (597-586), ein Neffe Jojachins, wurde von Nebukadnezzar als neuer König eingesetzt. Trotz der Warnung des Propheten Jeremia lehnte sich Zidkija jedoch erneut gegen Nebukadnezzar auf. Dies führte zu einem weiteren Feldzug gegen Juda und schließlich zur Eroberung und Zerstörung Jerusalems im Jahr 586. Erneut wurde die Oberschicht und mit ihr auch ein Großteil der Bevölkerung Judas und Jerusalems ins Exil nach Babylon geführt.
Die Zerstörung Jerusalems hatte einen bedeutenden Einfluss auf die Prophetie Ezechiels. Er hat stets darauf hingewiesen, dass die Verbannten in Babylon sich nicht einer naiven Heilssicherheit und Hoffnung auf baldige Rückkehr hingeben sollen. Es gab viele falsche Propheten, die dem Volk solches einredeten. Doch Ezechiel kündigte die bevorstehende Zerstörung Jerusalems an, teils mit sehr eindringlichen Symbolhandlungen, die ihn selbst bis ins tiefste ergriffen haben. Als Jerusalem dann aber zerstört war, änderte sich seine Weissagung. Nun macht er den Menschen klar: Gott ist bei seinem Volk, er erwartet Umkehr, und wird dann neues Heil und die Rückkehr nach Jerusalem schenken.
Das Buch Ezechiel gibt uns eine genaue Datierung der Berufung des Propheten:

Am fünften Tag des vierten Monats im dreißigsten Jahr, als ich unter den Verschleppten am Fluss Kebar lebte, öffnete sich der Himmel und ich sah eine Erscheinung Gottes. Am fünften Tag des Monats - es war im fünften Jahr nach der Verschleppung des Königs Jojachin - erging das Wort des Herrn an Ezechiel, den Sohn Busis, den Priester, im Land der Chaldäer, am Fluss Kebar. Dort kam die Hand des Herrn über ihn. (Ez 1,1-3)

Wenn wir die Angaben mit den oben genannten Daten abgleichen, ergibt sich das Jahr 592 als Beginn des prophetischen Wirkens Ezechiels. Wie es heißt, war er in diesem Jahr dreißig Jahre alt, hatte also das Alter erreicht, in dem Priester ihren Dienst antreten durften. Kebar ist ein Seitenfluss des Euphrat, der durch Babylon fließt. Seine Berufung wird dreifach charakterisiert: der Himmel öffnet sich für Ezechiel und er sieht eine Erscheinung Gottes, das Wort des Herrn erging an ihn und die Hand des Herrn kam über ihn. Das, wovon Ezechiel künden soll, erfährt er durch Schauen und durch Worte und ihn zeichnet eine besondere Nähe zu Gott aus.
Es folgt die ausführliche Schilderung der Erscheinung Gottes auf einem himmlischen Thronwagen (Ez 1,4-28). Das, was Ezechiel hier in Worte zu fassen versucht, übersteigt unsere Vorstellungskraft. Doch zunächst einmal macht diese Erscheinung deutlich: Gott ist überall bei seinem Volk, er ist nicht nur im Tempel in Jerusalem gegenwärtig, sondern auch im fernen Babylon. Vielleicht war das der größte Trost für die Israeliten, die sich plötzlich fern ihrer Heimat und ihres Tempels wiederfanden. Gott lässt sie nicht im Stich. Er redet zu ihnen durch einen Propheten, der Gottes Gegenwart erfährt.

Ezechiel

Die Vision des Propheten symbolisiert zugleich die Macht Gottes. Gott erscheint in Sturmwind und Feuer, umgeben von vier außergewöhnlichen Lebewesen, die Engeln und Menschen gleichen, auf einem Thronwagen mit riesigen Rädern aus Diamant. Gottes Antlitz ist in einem gleißend hellen Feuerschein verborgen. Gottes Gegenwart ist nicht an den Tempel in Jerusalem gebunden, wie viele damals glaubten. für sie war der Tempel der Ort, in dem Gottes Herrlichkeit wohnt. Nun aber sieht Ezechiel Gott auf einem wunderbaren Wagen kommen, Gott ist "mobil" könnte man salopp sagen. Er hat seine Macht durch die Eroberung Jerusalems nicht verloren, sondern kann an allen Orten der Welt seine Macht zeigen. Vor einer solchen Erscheinung kann der Mensch nur staunend und anbetend zu Boden knien. Letztlich betont auch der Begriff "Menschensohn", mit dem Ezechiel angeredet wird, den himmelweiten Unterschied, der zwischen Gottes Größe und dem Dasein des Menschen besteht. So tut Ezechiel das einzige, was der Größe Gottes angemessen ist:

Ich fiel ich nieder auf mein Gesicht. Und ich hörte, wie jemand redete. (Ez 1,28)

Doch Gott will den Menschen nicht mit seiner Größe erdrücken, sondern er will ihn aufrichten. Gott ist es, der den Menschen erhebt.

Und er sagte zu mir: Stell dich auf deine Füße, Menschensohn, ich will mit dir reden. (Ez 2,1)

Erst als Ezechiel aufsteht, fährt Gott fort:

Menschensohn, ich sende dich zu den abtrünnigen Söhnen Israels, die sich gegen mich aufgelehnt haben. Sie und ihre Väter sind immer wieder von mir abgefallen, bis zum heutigen Tag. Es sind Söhne mit trotzigem Gesicht und hartem Herzen. Zu ihnen sende ich dich. Du sollst zu ihnen sagen: So spricht Gott, der Herr. Ob sie dann hören oder nicht - denn sie sind ein widerspenstiges Volk -, sie werden erkennen müssen, dass mitten unter ihnen ein Prophet war. (Ez 2,2-5)

Von nun an übt Ezechiel unter den Verbannten Israeliten in Babylon das Amt des Propheten aus. Es ist ein schweres Amt, das mit einer großen Verantwortung verbunden ist. Ezechiel kann sich nicht auf das verlassen, was er bisher gelernt hat. Gottes Wort ist so ganz anders, als die Erwartung der Menschen. Schon immer haben fromme Menschen versucht, Gott in ein Schema zu pressen, das ihnen angenehm ist. Doch Gott lässt sich vom Menschen nicht manipulieren und für die Interessen einzelner Gruppen einnehmen. Der Prophet muss Gottes Wort verkünden, das teilweise auch dem Denken frommer Menschen widerspricht. Gott fordert den Propheten ganz, Leben und Botschaft des Propheten werden eins. Und er muss reden, sonst macht er sich selbst schuldig. Er muss den Spott und die Widerworte seiner Zeitgenossen ertragen. Er muss reden, auch wenn er selbst manchmal das Unfassbare, das er von Gott zu hören bekommt, nicht verstehen kann.
Gottes Wort ist auch heute noch wirkmächtig. Es verkündet eine Wahrheit, die dem Denken vieler Menschen zuwiderläuft. Doch wenn wir Gottes Wort lauschen, es ganz in uns aufnehmen, uns von ihm ergreifen und verwandeln lassen, dann sehen wir die Welt mit ganz neuen Augen und können verstehen, was hinter den Dingen steht. Doch dafür müssen wir uns befreien von unseren gewohnten Denkweisen und angelernten Verhaltensmustern. Nur wenn wir ganz neu lernen zu sehen und zu hören kann uns Gottes Wort mit all seiner Kraft ergreifen.