Die Heiligen

30.1. Mary Ward

Maria Ward

Mary Ward
1585-1645
Ordensgründerin

Maria Ward

Mary Ward wurde am 23. Januar 1585 in Yorkshire als ältestes von sieben Kindern in eine vornehme katholische Familie geboren. Unter der Regierung Königin Elisabeths I. (1558-1603) waren Katholiken in England strengen Verfolgungen ausgesetzt. Elisabeth setzte die Loslösung der Kirche Englands von Rom, die ihr Vater Heinrich VIII. begonnen hatte und die unter ihrer Vorgängerin Königin Mary I. kurzzeitig wieder rückgängig gemacht wurde, endgültig durch. Die anglikanische Staatskirche entstand.
Um möglichst alle Bewohner Englands zum Übertritt zu bewegen, wurde die Feier der katholischen Messe bei Strafe verboten. Wer nicht regelmäßig am anglikanischen Gottesdienst teilnahm, musste monatlich 20 Pfund Sterling bezahlen oder mit der Beschlagnahmung von zwei Dritteln seines Besitzes rechnen. Priester, die auf dem Festland geweiht wurden und daraufhin nach England zurückkehrten, galten als Hochverräter und wurden mit dem Tod am Galgen bestraft.
Die Familie Mary Wards lebte unter dem ständigen Risiko von Vermögensverlust und Inhaftierung. Ihre Eltern brachten Mary Ward im Alter von fünf Jahren zu ihrer Großmutter, wo sie Lesen, Schreiben, Rechnen und auch Latein lernte. Bald musste sie sich mit einer Serie von Heiratsanträgen auseinandersetzen. Mit dreizehn konnte sich Mary im Haus einer Tante auf den Empfang der Erstkommunion vorbereiten. Sie hörte auch vom Klosterleben und begann sich dafür zu interessieren. In England gab es seit Heinrich VIII. keine Klöster mehr. Lange lehnten ihre Eltern ihren Wunsch ab, die Heimat zu verlassen und in einen kontemplativen Orden einzutreten.
Im Jahr 1605 versuchten radikale Katholiken, das Parlament zusammen mit König Jakob I. in die Luft zu sprengen. Der Anschlag misslang, bald aber wurde bekannt, dass die Katholiken hinter diesem als Pulververschwörung in die Geschichte eingegangenen Anschlag standen. Die Gesetze gegen Katholiken wurden verschärft und nun musste auch Mary Ward zusammen mit ihrer Familie England verlassen. Im belgischen Saint-Omer fanden sie wie viele andere englische Katholiken einen Zufluchtsort.
Mary Ward konnte nun ihren Wunsch erfüllen und in ein Kloster eintreten. Sie wurde von den Klarissinnen als Laienschwester aufgenommen, was jedoch kein beschauliches Leben bedeutete, sondern unterwegs zu sein und den Lebensunterhalt für die Schwestern zu erbetteln. Mary Ward wollte daher ein eigenes Kloster für die englischen Schwestern gründen. Zusammen mit fünf anderen Frauen begann sie ein Leben in Kontemplation. Aber genau hier, als ihr sehnlichster Wunsch in Erfüllung gegangen war, erfuhr sie von Gott eine ganz andere Berufung.

Mir widerfuhr etwas, das ich bis heute nicht zu erklären weiß und niemals zu deuten vermochte. Das Erlebnis schien von Gott auszugehen und ergriff mich mit solcher Gewalt, dass es mich ganz vernichtete. Es wurde mir dabei gezeigt, dass ich nicht im Orden der hl. Klara verbleiben sollte. Ich sollte etwas anderes tun, doch was und welcher Art dies wäre, das sah ich nicht, und konnte es auch nicht erraten. Ich verstand nur, dass es etwas Gutes und der Wille Gottes sein werde.

Mary Ward kehrte daraufhin im Herbst 1609 für einige Zeit nach England zurück und arbeitete dort für die verfolgten Katholiken, hielt Religionsunterricht für Erwachsene, vermittelte Priester, besuchte Gefangene. Einige Frauen schlossen sich ihr an. Mit ihnen ging sie 1610 erneut nach Saint-Omer, um dort in Gemeinschaft zu leben. Bald nannte man sie die "Englischen Fräulein". Im Jahr 1611 war Mary Ward klar, dass sie eine Frauengemeinschaft nach der Lebensweise des Jesuitenordens gründen sollte, deren Aufgabe vor allem die Erziehung der Mädchen und die Seelsorgehilfe in England sein sollte.
Mary Ward wollte etwas in ihrer Zeit unerhört Neues, sie wollte nach dem Vorbild der Jesuiten eine Frauengemeinschaft gründen, die ohne Klausur lebt, vor allem im Bereich der Erziehung tätig ist und direkt dem Papst untersteht. Sie legte dem zuständigen Bischof einen ersten Plan für ihren Orden vor, 1615 wurde eine verbesserte Version nach Rom geschickt. Dort wurde das Anliegen zwar gelobt, die für einen Orden erforderliche rechtliche Anerkennung blieb aber aus.
Die neue Gemeinschaft begann sich zu formen. Immer mehr Frauen schlossen sich ihr an. Es entstanden neue Gründungen zunächst in Lüttich, später auch in Köln und Trier. Immer wieder kehrte Mary Ward nach England zurück, um in der Seelsorge mitzuhelfen und die Entsendung von Gefährtinnen dorthin vorzubereiten. Diese konnten nicht in Gemeinschaft leben, sondern kamen bei Verwandten oder Freunden unter, wo sie Kinder und Erwachsene im Glauben unterrichteten, Kranke betreuten, Menschen zur Kirche zurückführten.
Bei den Jesuiten war man über die Gründung eines weiblichen Zweiges des Ordens unterschiedlicher Meinung. Auch die fehlende rechtliche Anerkennung durch den Papst war ein Problem. Im Oktober 1621 brach Mary Ward zusammen mit fünf Gefährtinnen, einem Priester und einem weiteren männlichen Begleiter nach Rom auf. Sie legten die ca. 2000 Kilometer zu Fuß zurück und kamen schließlich am Heiligen Abend in Rom an. Bereits am 28. Dezember erhielt Mary Ward eine Audienz bei Papst Gregor XV.
Der Papst empfing die Engländerinnen wohlwollend. Jedoch entsprach die Lebensweise der Gemeinschaft um Mary Ward nicht den damals üblichen Vorschriften für Frauenklöster. Vor allem das Fehlen einer strengen Klausur war ein großes Hindernis für die kirchliche Anerkennung. Zudem gab es Gegner der Gemeinschaft, die Beschwerde beim Papst einreichten und es fehlte nicht an üblen Verleumdungen. Mary Ward hielt trotzdem an ihrem Werk fest.

Bis jetzt wurde uns von Männern gesagt, wir müssten glauben. Es ist wahr, wir müssen es. Aber lasst uns klug sein und wissen, was wir zu glauben haben und was nicht, und uns nicht glauben machen, dass wir nichts tun können. - Das innere Feuer hat seinen Ort nicht in den Gefühlen, sondern in der Entschiedenheit, das Gute zu tun. Diese können Frauen ebenso gut haben wie Männer. Es gibt keinen solchen Unterschied zwischen Männern und Frauen, dass Frauen nicht Großes vollbringen könnten, wie wir am Beispiel vieler heiliger Frauen gesehen haben, die große Dinge getan haben. Und ich hoffe zu Gott, es möge zu sehen sein, dass Frauen in der kommenden Zeit viel tun werden.
Maria Ward

Im Jahr 1622 erbat sie eine Aufenthaltsbewilligung in der Stadt Rom und errichtete eine Mädchenschule, 1623 gründete sie eine Niederlassung in Neapel. Im Oktober 1624 legte sie dem neuen Papst Urban VIII. ihr Anliegen vor. Dieser setzte vier Kardinäle zur Prüfung ein, die im April 1625 die Aufhebung der italienischen Niederlassungen beschlossen.
Im Jahr 1627 verließ Mary Ward Rom und traf Anfang Januar 1627 in München ein. Dort wurde sie vom bayerischen Kurfürsten Maximilian und seiner Gattin freundlich aufgenommen. Diese stellten ihr die finanzielle Grundlage für eine Gemeinschaft von zehn Schwestern zur Verfügung, die bald schon mit dem Unterricht für Mädchen begannen. Im selben Jahr konnte Mary Ward mit Unterstützung Kaiser Ferdinands II. in Wien eine Schule eröffnen und bald darauf auch in Preßburg (Bratislava).
Während die Fürsten und viele Bischöfe die neue Form der Mädchenerziehung durch die Gemeinschaft von Mary Ward förderten, gab es viele einflussreiche Kirchenmänner, die diese neue Form des Ordenslebens ablehnten und in Rom Beschwerde einlegten. Durch eine päpstliche Bulle wurde schließlich die Aufhebung der Gemeinschaft angeordnet. Eine weitere Reise von Mary Ward nach Rom blieb ohne Erfolg, ebenso die Schreiben ihr wohlgesonnener katholischer Herrscher an den Papst.
Nach ihrer Rückkehr nach München wurde Mary Ward im Februar 1631 von der Inquisition verhaftet und im Angerkloster inhaftiert. Ihren Gefährtinnen schrieb sie heimlich Briefe, um sie zu ermutigen:

Es geschieht nur, was Gott will.

Ich will ihm geben, was ich habe, und alles, was ich brauche, will ich in ihm finden.

Mary Ward war inzwischen schwer krank. Im April wurde sie aus der Haft entlassen, bekam jedoch zur Auflage, sich erneut nach Rom zu begeben, um sich dort vor einem kirchlichen Gericht zu verantworten. Dort wurde sie im Jahr 1632 vom Vorwurf der Häresie freigesprochen. Sie durfte auch mit ihren Gefährtinnen in Gemeinschaft leben, diese standen jedoch unter ständiger Aufsicht der Inquisition. Mary Ward musste alle Niederlassungen ihrer Gemeinschaft schließen.
Da sich ihr Gesundheitszustand weiter verschlechterte, erhielt sie im Jahr 1637 die Erlaubnis, zur Kur in den belgischen Badeort Spa zu reisen. Dabei machte sie in Paris, Lüttich und Köln Station. Im Mai 1639 kam sie über Saint-Omer nach London. Der Ausbruch des Bürgerkriegs in England machte eine Rückkehr nach Rom unmöglich. Mary Ward suchte Zuflucht in ihrer Heimat Yorkshire. Ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich zusehends. Am 30. Januar 1645 starb sie in der Nähe von York und wurde auf dem anglikanischen Friedhof in Osbaldwick beerdigt.
Als Mary Ward starb, schien ihr Leben schien menschlichen Maßstäben gescheitert. Doch sie ist sie nicht verbittert. Vielmehr kann sie freudig Gott danken und ihn für seine Großtaten loben, tief überzeugt, dass sie dem besten aller Herren gedient hat. Ihren Gefährtinnen sagte sie:

Seid fröhlich und zweifelt nicht an unserem Herrn.

Ihr letztes Wort ist "Jesus". Nach ihrem Tod bestand ihr Werk weiter. Ihre Gefährtinnen waren davon überzeugt, dass das, was sie zusammen mit Mary Ward aufgebaut hatten, dem Willen Gottes entsprach. Mary Ward hat einmal gesagt:

Alles, was nicht in ihm und für ihn ist, wird mit der Zeit vorübergehen.

Und:

Gott wird euch beistehen und helfen; es kommt nicht darauf an, wer es tut, aber dass es geschieht.

Die Zukunft sollte zeigen, dass sie wirklich den Willen Gottes erfüllt hat. Die Kirche aber hat lange gebraucht, um dies zu erkennen. In Bayern (München, Augsburg, Burghausen), Österreich-Ungarn und England (London, York) bestanden die von Mary Ward gegründeten Schulen auch nach der kirchlichen Aufhebung weiter. Frauen schlossen sich den Gemeinschaften an. Mary Ward durfte aber offiziell nicht als deren Gründerin bezeichnet werden. Aber die Erinnerung an sie blieb lebendig.
Erst im Jahr 1909 wurde Mary Ward schließlich als Gründerin des Instituts der Seligen Jungfrau Maria, wie die Gemeinschaft genannt wurde, anerkannt. Das Anliegen Mary Wards, dass die rechtliche Grundlage ihrer Gemeinschaft die gleichen Konstitutionen bilden sollten, wie sie Ignatius von Loyola seinem Männerorden gegeben hat, ging erst im Jahr 2004 ganz in Erfüllung. Die komplizierte kirchenrechtliche Entwicklung der Gemeinschaft von Mary Ward hat zur Folge, dass es heute zwei Zweige ihres Institutes gibt: die Congregatio Jesu und das Institut der Seligen Jungfrau Maria, auch bekannt als Loreto Schwestern.